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Sport: Ein Tor zur Erlösung

Zlatan Ibrahimovic trifft mal wieder für Schweden

Salzburg - Nichts wie weg. Er schaut zu beiden Seiten, eher fragend denn jubelnd, langsam verziehen sich die Mundwinkel zu einem Lächeln, weiter, weiter, er fährt die Arme aus wie Flügel, nimmt Tempo auf, beim Queren der Mittellinie streckt er den rechten Zeigefinger hoch, und jetzt bleibt er stehen, Petter Hansson fängt ihn ein, die anderen Schweden folgen. Alle auf einen. Alle auf Zlatan Ibrahimovic.

Er kann es also doch noch. Ein Tor schießen. Für die Nationalmannschaft. Das letzte lag fast drei Jahre zurück, erzielt beim nicht ganz so bedeutungsvollen 3:1 über Island. „Das war ein perfektes Spiel, um mal wieder ein Tor zu machen“, sagte er nach dem 2:0-Sieg über Griechenland. Konventionelle Methoden helfen wenig, wenn der Gegner den Sinn des Spiels in einer Versammlung des kompletten Personals in der eigenen Hälfte sieht. Schweden brachte seinen Mann für die besonderen Momente. Und er war da. In jener 67. Minute, als Ibrahimovic einen Einwurf von Wilhelmsson aufnahm, mit Henrik Larsson Doppelpass spielte und den Ball mit dem Außenspann in den linken oberen Winkel setzte. 1:0, endlich.

Tore wie diese lassen sich schwer verhindern, sie geben dem Publikum den Glauben an die Kraft des Individualisten zurück, der ein Spiel auch dann entscheiden kann, wenn die Abwehr noch so perfekt oder, wie im Fall der Griechen, noch so zementiert steht. „Für einen Stürmer war das kein einfaches Spiel“, sagt Ibrahimovic und dass sie eine offensivere griechische Mannschaft erwartet hatten. Erhofft hatten. Erhofft hatten sie allerdings nicht, dass Wilhelmsson verletzt ausfallen würde. Er zog sich einen Sehnenriss zu, die EM ist für ihn beendet.

Ibrahimovic hat der Heimat nicht immer so viel Freude bereitet. Sein letzter ganz großer Moment in der Nationalmannschaft liegt vier Jahre zurück. Bei der EM in Portugal erzielte er kurz vor Schluss ein artistisches Tor gegen Italien. Dieses Tor bedeutete in finaler Konsequenz Schwedens Qualifikation für das Viertelfinale und Italiens vorzeitige Heimreise. Noch im selben Sommer kaufte ihn Juventus Turin aus seinem Vertrag bei Ajax Amsterdam heraus. Inzwischen spielt Ibrahimovic für Inter Mailand und gilt bei einem Jahreseinkommen von 12 Millionen Euro als der bestbezahlte Fußballspieler der Welt.

Schweden hat von Ibrahimovics Aufstieg in eher bescheidenem Maße profitiert. Bei der WM 2006 knödelte er lustlos vor sich hin, Eingeweihte sprechen von Spannungen in der Mannschaft, die in einer Prügelei eskalierten. Auch im EM-Trainingscamp gab es Ärger. Ibrahimovic lobte so demonstrativ zwei Nachwuchsspieler, dass die schwedische Presse dies als Aufforderung an Trainer Lars Lagerbäck interpretierte, die beiden gegen Griechenland aufzustellen (was dieser nicht tat). Ibrahimovic klagte über sein verletztes Knie, das ihn aber nicht daran gehindert hatte, am letzten Spieltag der Serie A die beiden entscheidenden Tore zu Inters Meisterschaft zu schießen.

Wenn es schlecht läuft zwischen Schweden und Ibrahimovic, sehen viele in ihm immer noch das Kind aus dem Malmöer Problemstadtteil Rosengård, einer einbetonierten Parallelgesellschaft, in der man nicht schwedisch sprechen muss und wo der einzige Kontakt zum Staat der zum Sozialamt ist. Wenn es gut läuft, feiern sie den Sohn eines Bosniers und einer Kroatin als Beispiel einer gelungenen Integrationspolitik. Zwischen diesen beiden Positionen schwankt auch die Form der Nationalmannschaft. Vor zwei Jahren in Deutschland lief es schlecht. Ibrahimovics Auftritt am Dienstagabend lässt die Schweden nun auf ein Einlösen des 2004 gegeben Versprechens hoffen.

Natürlich wählt die Uefa Ibrahimovic zum „Man of the match“. Zur Belohnung erhält er eine überdimensionierte Vase, eine ästhetische Scheußlichkeit. Ibrahimovic stellt den Pokal vor sich auf den Tisch, er lacht die schwedischen Reporter an, von denen er sich so oft missverstanden fühlt. Einer will wissen, was er empfunden habe bei seinem Tor, und Ibrahimovic antwortet, er möge sich die Bilder anschauen. Den Sprint, verfolgt von allen Teamkollegen. Noch Fragen? Sven Goldmann

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