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Sport: Eine Affäre aus 1000 Details

Ermittlungen bei Referees werden ausgeweitet

Die Affäre um die mögliche Steuerhinterziehung von Spitzenschiedsrichtern nimmt immer neue Wendungen. Hier erklären wir noch einmal die wichtigsten Facetten und zeigen die offenen Fragen auf.

Steuerhinterziehung: Nach Razzien und Untersuchungen bei 21 Spitzenschiedsrichtern, darunter dem Fifa-Referee Felix Brych, erhärtet sich der Verdacht eines systematischen Betrugs. Bei der möglichen Abrechnung internationaler Spiele an Steuerbehörden vorbei hat nach Tagesspiegel-Informationen auch ein Steuerberater aus Süddeutschland eine wichtige Rolle gespielt, der einst Bundesliga- Schiedsrichter war und heute Fußballfunktionär in Bayern ist. Der Betreffende, dessen Name der Redaktion bekannt ist, will sich dazu nicht äußern. Inzwischen gibt es nach Angaben aus Kreisen des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) auch Selbstanzeigen von Schiedsrichtern bei den Behörden. Im Raum steht nun sogar eine Zahl von 70 Verdächtigen – der DFB wollte das am Sonntag nicht kommentieren. Offen ist auch die mögliche Beihilfe zur Steuerhinterziehung durch die internationalen Verbände Fifa und Uefa – sie sollen Vergütungen auf Auslandskonten, etwa in Liechtenstein und der Schweiz, überweisen haben. Die Verbände verweigern sich hier bislang einer öffentlichen Antwort. Die Ermittlungen der Fahnder wurden bereits ausgeweitet.

Streit an der DFB-Spitze: Die Schiedsrichter sind im DFB inzwischen Chefsache. Verbandspräsident Theo Zwanziger hat die Hoheit über die Zunft, nachdem sein Vize Rainer Koch vor zwei Jahren die Verantwortung niedergelegt hatte. Damals war die Affäre um den Schiedsrichter-Obmann Manfred Amerell ruchbar geworden, der vom jungen Fifa-Schiedsrichter Michael Kempter der sexuellen Belästigung bezichtigt wurde. Zwanziger hatte davon zuerst erfahren, Koch nicht. Nun, nach zwei Jahren Schlammschlacht zwischen Amerell, Kempter und dem DFB, ist die Lage umgekehrt – zumindest aus Zwanzigers Sicht. Der fühlt sich von Koch übergangen, weil der sich zuletzt ohne Absprache mit Amerell getroffen hatte. Zwanziger zählte Koch dafür öffentlich an, der aber beruft sich auf einen Auftrag durch den DFB. „Ich bin am 16. August vom DFB-Justiziar gefragt worden, ob ich bereit bin, bei der Anbahnung der Mediation zu helfen“, sagte Koch dem Tagesspiegel. Als Mediator hatte Zwanziger den früheren Ratspräsidenten der Evangelischen Kirche, Bischof Wolfgang Huber, benannt. Und der bat Koch nun, auf Amerell zuzugehen – sagen Koch und auch Amerells Anwalt. Wo liegt also das Problem? Offenbar im zerrütteten Vertrauen an der DFB-Spitze. Zwanziger hat seinen Stellvertreter jedenfalls zum Rapport bestellt.

Manfred Amerell: Seit seinem Rückzug als Schiedsrichter-Obmann kämpft er um seinen Ruf – mit allen Mitteln. Amerell bestreitet eine sexuelle Belästigung Kempters und will es nun allen zeigen. Er überzieht den DFB mit Anzeigen und hat mit Insider-Informationen die Steuerfahnder gegen Schiedsrichter in Stellung gebracht. Auch bei Kempter gab es Durchsuchungen, die Amerell persönlich in Augenschein nahm. Selbst um dieses kleine von 1000 großen Details wird mittlerweile juristisch gestritten. Ende nicht absehbar.

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