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Sport: Eine gewisse Art von Zufriedenheit

Der VfL Bochum will auch nach den Siegen gegen Schalke und Dortmund nicht abheben

Bochum. Peter Neururer, der Trainer des VfL Bochum, versucht zuweilen, sich besonders gewählt auszudrücken. Nach dem 3:0 über Borussia Dortmund hätte er das Ergebnis für sich sprechen lassen können. Doch er hatte das Bedürfnis, besonders abgeklärt zu wirken. Statt einfach zu erzählen, wie glücklich er sei, formulierte er allen Ernstes diesen Satz: „Ich beschränke mich darauf, eine gewisse Art von Zufriedenheit darzustellen.“ Im Erfolg will der Trainer offenbar mit einem alten Vorurteil aufräumen. Einst hätte er solche Siegen demonstrativ ausgelassen gefeiert – und wäre früher oder später Opfer dieses Frohsinns geworden. Man hätte ihn als nervigen Selbstdarsteller bezeichnet. In Bochum aber will er endlich in Ruhe arbeiten.

Die Chancen stehen nicht schlecht. Seit sieben Spielen in der Bundesliga ungeschlagen, rangiert der VfL auf dem sechsten Platz, mit großem Abstand auf den westlichen Nachbarn aus Gelsenkirchen und mit nur einem Punkt Rückstand auf den östlichen Konkurrenten Dortmund. Für eine Weile dürfen die Bochumer sich sogar fühlen wie ein Ruhrgebietsmeister: Innerhalb einer Woche haben sie Schalke geschlagen und den BVB.

Solche Erfolge steigern das Selbstwertgefühl, auch bei einem erfahrenen Profi wie Rein van Duijnhoven. „Wir waren stets die Kleinsten“, sagt der Kepper, „jetzt sind wir die Größten.“ Auf dem Rasen wie auf den Rängen fühlten sich diesmal nur die Bochumer groß und stark, zumal nach der Roten Karte gegen den Dortmunder Mittelfeldspieler Sebastian Kehl. Mal emotional, mal abgeklärt spielen die Bochumer ihre neue Rolle als Underdog, der die reichen Rivalen ärgert.

Und Neururer gibt Peter, den Bescheidenen. Lange als Schwätzer belächelt, warnt er nun vor einem „völlig anderen Anspruchsdenken“. Er müsse darauf achten, dass andere nicht überschnappen vor Begeisterung. Insofern sei es ihm nur recht, dass der Sieg über den BVB nicht noch höher ausgefallen ist. Das nächste Spiel bei 1860 München sei gedanklich eine viel schwierigere Aufgabe als die beiden Derbys. Gegen Dortmund ging den Bochumern manches so leicht vom Fuß, dass selbst dem notorisch zuversichtlichen Neururer ein wenig unheimlich wurde. „Teilweise haben wir etwas gespielt, was wir noch gar nicht können.“

Manche Spielzüge beherrschen sie aber schon fast in Vollendung. Gegen den BVB ist der VfL aufgetreten, wie es Herbert Grönemeyer in der Hymne auf Bochum und den VfL besungen hat. „Mit dem Doppelpass macht er jeden Gegner nass.“ Trotz Aufstieg und Klassenverbleib hat es lange gedauert, bis Neururer die Herzen der Fans erobert hat. Nach dem historischen Doppelschlag gegen Schalke und Dortmund fliegen sie ihm zu. Auf der Tribüne hielten begeisterte Fans ein Transparent hoch mit der Aufschrift: „Peter Neururer und das Wunder von Bochum.“

Früher wäre er vermutlich eingestiegen auf solche Vorlagen und hätte sich wie ein Wunderheiler feiern lassen. Doch der gereifte Neururer sagt, von einem Wunder könne keine Rede sein. Die Siege über Schalke und Dortmund hätten einen großen Imagegewinn gebracht, sportlich aber seien vermeintlich leichtere Aufgaben wie gegen München 1860, Köln und Frankfurt „die Parameter“. Wie der VfL von der Konkurrenz wahrgenommen wird, hat Neururer auch beim Spiel gegen Dortmund im Auge behalten. Sein Münchner Kollege Falko Götz habe das Ruhrstadion 20 Minuten vor Schluss verlassen, „weil er genug gesehen hat“. Die Bochumer Fans dagegen können sich an ihrem VfL derzeit gar nicht satt sehen.

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