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Sport: Eine Mannschaft als Mysterium Geheimniskrämerei um

Geheimfavorit Nordkorea

Berlin - Immerhin diese Gewissheit besteht: Sie wohnen bereits seit Samstag im offiziellen Fifa-Mannschaftshotel und fahren im offiziellen Bus mit Fifa-Logo. Das Gefährt parkt vor einer Herberge im Herzen von Dresden mit Blick auf die Elbe, und es soll kurze Momente gegeben haben, an denen sich die nordkoreanischen Fußballerinnen zeigten. Doch wann sie trainieren und testen, wie sie spielen wollen und was sie im Land einer WM fühlen, deren Slogan verspricht, den Frauenfußball von seiner schönsten Seite zu zeigen, bleibt im Verborgenen.

Seit der Ankunft am 15. Juni in Leipzig verschanzt sich der dreimalige Asienmeister. Sie haben in Leipzig Besuche des Bildermuseums, der Thomaskirche und ein Testspiel gegen Lok Leipzig abgesagt, in Dresden dann ohne Begründung einen Empfang, bei dem sie sich mit den Spielerinnen der USA in das WM-Sportbuch der Stadt eintragen sollten. Die Vertreter der Volksrepublik, in deren Namen zwar demokratisch steht, die aber diktatorisch geführt wird, geben sich Mühe, alle Vorurteile zu bestätigen. Eine Mannschaft als Mysterium.

Am Dienstag soll ein Testspiel gegen den WM-Teilnehmer England stattgefunden haben, in Halle an der Saale. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Sogar die Anstoßzeit wurde verheimlicht. Auf die Frage nach der Abschottung ließ Trainer Kim Kwang Min schon nach dem Testspiel gegen Deutschland am 21. Mai in Ingolstadt über den Übersetzer ausrichten: „Diese Frage würde der Trainer gerne übergehen.“ Aber können Deutscher Fußball-Bund (DFB) und Organisationskomitee (OK) die Geheimniskrämerei beim Geheimfavoriten einfach so tolerieren? DFB-Präsident Theo Zwanziger und OK-Präsidentin Steffi Jones haben doch in Nordkoreas Hauptstadt Pjöngjang gerade erst ein „Memorandum für Verständnis“ mit dem dortigen Fußballverband abgeschlossen. „Es ist nicht leicht mit unseren Freunden aus Nordkorea“, sagt Steffi Jones und klingt bei dieser Causa ratlos. „Wir können das nur an die Fifa weitergeben.“ Doch der Weltverband verpflichtet ein Team erst am Tag vor dem Spiel zu einer offiziellen Pressekonferenz, und auch da wird es nur abgestimmte Plattitüden nach staatlicher Räson geben. Die OK-Chefin fand schon ihren Besuch in Pjöngjang merkwürdig. „Man beobachtet, es ist ein Stück weit befremdend. Ich muss nicht noch mal nach Nordkorea.“

Sie ahnt, dass die Strahlkraft des Fußballs für Propagandazwecke missbraucht wird. Daher ist das gleich erste Gruppenspiel am kommenden Dienstag gegen den  Erzfeind USA das wichtigste. Spätestens dann müssen sie sich in Dresden auch wirklich zeigen. Frank Hellmann

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