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Sport: Eine Weltmacht nimmt Abschied: Russlands Eishockeyspieler scheitern in St. Petersburg schon in der Zwischenrunde

Russlands Gold-Mission ist fehlgeschlagen. Der Kampf um die Medaillen bei der 64.

Russlands Gold-Mission ist fehlgeschlagen. Der Kampf um die Medaillen bei der 64. Eishockey-Weltmeisterschaft in St. Petersburg findet ohne den WM-Favoriten statt - ausgerechnet im eigenen Land erlebt die einstige Eishockey- Großmacht die größte sportliche Katastrophe ihrer Geschichte. Die ruhmreiche "Sbornaja", seit ihrem internationalen Debüt vor 46 Jahren als Sowjetunion, GUS und Russland 23 Mal Weltmeister und acht Mal Olympiasieger, ist nur noch ein Mythos. "Das sowjetische Eishockey gehört leider der Vergangenheit an", stellte Alexander Kasatanow fest. Der frühere Verteidiger, der mit Fetisow, Krutow, Larionow und Makarow vom Armeeclub ZSKA Moskau den legendären "Super-Block" bildete, ist heute Teammanager der russischen Nationalmannschaft.

Ausgerechnet die kleine Schweiz besiegelte das bittere Schicksal der Russen. Mit dem sensationellen 3:2-Vorrundensieg verpassten die vom ehemaligen deutschen Nationalspieler Ralph Krueger trainierten Eidgenossen dem Favoriten einen ersten Rückschlag. Mit dem ebenso überraschenden 1:1 gegen Schweden am Samstag im ersten Zwischenrundenspiel beendete der WM-Achte von 1999 endgültig Russlands Hoffnung auf den Einzug ins Viertelfinale. Der Rekord- Weltmeister kann mit den Schweizern und Lettland (jeweils vier Punkte) nach Zählern noch gleich ziehen, doch der direkte Vergleich mit beiden Teams entscheidet gegen die Russen. Gegen Lettland kassierte der Gastgeber im ersten Zwischenrundenspiel am Freitag eine 2:3-Niederlage.

"Das war nicht nur für mich eine Tragödie, sondern für Millionen russische Zuschauer." Der glücklose Trainer Alexander Jakuschew offenbarte schon nach der Lektion gegen die Letten seine Gefühle und übernahm die Verantwortung: "Bei diesem Misserfolg kann es nichts anderes geben als einen Rücktritt." Bereits nach dem 0:3 gegen den Erzrivalen USA kritisierten die Medien den Trainer, als Spieler sieben Mal Weltmeister und einmal Olympiasieger, und warfen ihm fehlende Autorität vor. Er sei nicht in der Lage, aus dem mit 14 namhaften NHL-Profis bestückten Ensemble eine Mannschaft zu formen, hieß es. "Eine Schande", rief ein Journalist bei einer Pressekonferenz. Ein anderer fragte: "Wann lasst ihr die satten Nordamerika-Legionäre draußen und holt junge, hungrige Spieler aus Russland?"

Teilnahmslos reagierte Jakuschew auf die Kritik. Die Berichte, Superstar Pawel Bure sei statt zum Training zum Einkaufen gegangen, ließen ihn kalt. "Jakuschew ist das Opfer der NHL-Stars", sagte Viktor Tichonow, der das damalige UdSSR-Team zu einem gefürchteten Kollektiv formte und mit eiserner Hand über Jahre an der Weltspitze hielt. "Die Spieler überschätzen sich", gestand Jakuschew. Kapitän Pawel Bure von den Florida Panthers, mit acht Millionen Dollar bestbezahlter russischer Spieler aller Zeiten, hielt dem hohen Erwartungsdruck nicht Stand. Die "russische Rakete" spielte nicht die erhoffte Führungsrolle. Auch Stürmerstar Alexej Jaschin (Ottawa Senators), Waleri Kamenski (New York Rangers) oder Alexej Schamnow (Chicago Blackhawks) enttäuschten maßlos.

"Die russische Mannschaft hat keine Führungspersönlichkeit mehr" - so begründete der frühere Weltklasse-Torwart Wladislaw Tretjak den Absturz, der mit der Auswanderung der ersten russischen Spieler in den Westen Ende der Achtziger Jahre begann.

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