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Sport: Einig an der Elbe?

Beim Hamburger SV bleibt die Stimmung sachlich - vor der umstrittenen Aufsichtsratswahl

Von Karsten Doneck, dpa

Hamburg - Nach knapp 55 Minuten trat der Chef höchstselbst ans Rednerpult. Dass ihn bereits auf seinem Weg zum Mikrofon kräftiger Applaus begleitete, hob die Laune des Mannes offenbar. Und so stellte er sich gleich mal höflich vor. „Mein Name ist Bernd Hoffmann“, sagte Bernd Hoffmann. Und hatte sofort die Lacher auf seiner Seite. Hoffmanns Bekanntheitsgrad liegt in Kreisen des Fußball-Bundesligisten Hamburger SV bei hundert Prozent: Er ist der Vorstandsvorsitzende des Klubs.

Hoffmanns trockener Humor lockerte die angespannte Stimmung auf der Mitgliederversammlung des HSV gestern schon mal ein bisschen auf, stand doch sehr Ernsthaftes auf der Tagesordnung: die Wahlen zum Aufsichtsrat. 4677 Mitglieder, so viele wie noch nie, füllten den großen Saal im Hamburger Kongresszentrum. Der Grund für den enormen Zulauf: Es war die Sorge aufgekommen, der Aufsichtsrat könne von den Supporters, einer zahlenmäßig mächtigen Fan-Organisation des Vereins, unterwandert werden. Die Wahlen waren bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe noch nicht beendet.

Acht von insgesamt zwölf Plätzen im Aufsichtsrat galt es gestern neu zu besetzen. Mit Anja Stäcker, Johannes Liebnau, Ingo Thiel und Manfred Ertel drängte gleich ein Quartett aus dem Kreis der Supporters in das Gremium. Ihnen wird nachgesagt, die Arbeit von Bernd Hoffmann äußerst kritisch zu beäugen und wenig für die fortschreitende Kommerzialisierung des Fußballs übrig zu haben. Bei den Gegenkandidaten stand überwiegend Wirtschaftskompetenz im Vordergrund. Oder auch sportliches Knowhow wie beim ehemaligen HSV-Torjäger Sergej Barbarez.

In diesem Spannungsfeld mahnte der frühere HSV-Präsident Peter Krohn den Verein zu Einigkeit. „Wir, die Basis, führen keine Machtkämpfe, wir heben keine Gräben aus.“ Und dann musste auch noch der neue US-Präsident herhalten. Da hatten die Supporters unlängst vor einem Testspiel des HSV gegen Hansa Rostock Flugblätter verteilt, darauf war in Anlehnung an den amerikanischen Wahlkampf dick das Wort „Change“ aufgetragen. Da plusterte sich dann auch Peter Krohn mächtig auf: „Wenn der Obama diesen fantastischen HSV sehen würde, der würde uns kein ,Change’ zurufen, sondern der würde sagen: ,Macht weiter so!’“ Auch das rührte an den Emotionen des Auditoriums, die Stimmung im Saal blieb weitgehend sachlich. Dabei zog sich die Sitzung allein durch die fünfminütigen Vorstellungsreden der 20 Kandidaten mächtig in die Länge.

Es gab freilich auch bedenkliche Fakten. Die Rechnungsprüfer hatten moniert, dass innerhalb eines Jahres, bis zum 30. Juni 2008, die Personalkosten allein in der Geschäftsstelle des HSV um rund 1,3 Millionen Euro auf insgesamt 6,4 Millionen Euro gestiegen sind – ein Zuwachs von immerhin rund 26 Prozent. Und dann hat der HSV in seiner Satzung neuerdings einen Passus, wonach der Verein die Vorstandsgehälter offen legen muss. Und die liegen bei 2,51 Millionen Euro, davon sind 1,455 Millionen Euro Fixkosten, der Rest resultiert aus Prämien. Der HSV hat aktuell vier Vorstandsmitglieder: Neben Hoffmann noch Dietmar Beiersdorfer, Katja Kraus und Oliver Scheel.

Finanziell wusste Horst Becker, der bisherige Aufsichtsratsvorsitzende, aber auch Annehmlichkeiten zu vermelden. „Uns war immer wichtig, über liquide Mittel zu verfügen. Alle Transferaktivitäten haben wir ohne die Hilfe von Banken erledigt.“ Und bei der Kandidatenvorstellung trafen einige der Redner auch gleich mitten ins Herz der Mitglieder. Der frühere Präsident Jürgen Hunke zum Beispiel, als er sich selbst pries, er habe früher mal „zeitweise über Monate hinweg privat die Gehälter gezahlt in diesem Verein“. Und Jörg F. Debatin, Chef der Uniklinik Eppendorf, heimste Jubel ein, als er davon sprach, dass „zu meinen Grundsätzen gehört, immer vor Werder Bremen zu stehen“.

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