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Sport: Eintracht Frankfurt: Krisenmanager Rausch wird zum Frontreporter

Abstiegskampf ist wirklich kein Vergnügen. Und manchmal muss ein Klub, lange bevor etwas entschieden ist, die ersten Trümmer aufräumen.

Abstiegskampf ist wirklich kein Vergnügen. Und manchmal muss ein Klub, lange bevor etwas entschieden ist, die ersten Trümmer aufräumen. Am Tag nach dem Fan-Aufstand fuhren die Kehrmaschinen durchs Waldstadion, die ARD-Techniker hatten ihre demolierte Übertragungselektronik ins Studio zurückgekarrt, und die Polizei machte Kontrollfahrten. Fußball ist in Frankfurt zu einer gefährlichen Angelegenheit geworden. Müde blinzelten Trainer Friedel Rausch und seine Profis in die Morgensonne überm Riederwald. Wer so kurz vor Saisonende auf einen Abstiegsplatz rutscht, der schaut erst mal vorsichtig, was der Tag bringt. Vor allem nach solch einem Samstag. 1:3 gegen Leverkusen, obwohl Rausch kam, um den kränkelnden Patienten zu retten. Das reichte schon für einen kleinen Schock.

Den Rest erledigten pöbelnde Horden. Grölend stürmten sie die Vip-Bereiche, rannten Ordner um, traten Türen ein, warfen mit Mülleimern. Die Polizei musste helfen. Prügelszenen, die lange tief in den Köpfen steckten. Da wird selbst der Trainer zum Aufräumer. Weg mit dem Frust, weg mit der Angst. "Wenn ich anfange zu zweifeln, dann können wir gleich einpacken", sagte er und spielte den Tapferen. Ob beim Interview drei Meter neben den tobenden Anhängern, nur getrennt durch eine Kette von Polizisten wie ein Frontreporter oder eben am Tag danach. "Wie die Mannschaft gespielt hat, gibt mir Zuversicht und Mut", sagte Rausch.

Nun muss er den Spielern erzählen, wie gut sie gespielt haben gegen am Ende zehn schwache Leverkusener, von denen Robert Kovac nach 37 Minuten mit Gelb-Rot vom Platz mußte. "Das war ein glücklicher Sieg", seufzte Berti Vogts, Leverkusens Trainer. Ulf Kirsten und Lucio hatten die Fehler in der Eintracht-Abwehr eiskalt ausgenutzt. Und vorne offenbarten die Frankfurter Angreifer bis auf Cheng Yang (58.) trotz guter Ansätze ihr ramponiertes Nervenkostüm. Berti Vogts hatte Mitleid, er nahm Friedel Rausch später liebevoll in den Arm, bevor er mit seinen Spielern durch den Hinterausgang schlich, weil der Mob die Kabinengänge belagerte. "Was sich hier abspielt, unglaublich", sagte Leverkusens Manager Reiner Calmund.

An vielem sind die Frankfurter aber selbst Schuld. Seit Wochen führt die Klubspitze lächerlich anmutende Trainerdiskussionen in allen Zeitungen. Lothar Matthäus, Klaus Toppmöller, Hans-Peter Briegel haben sie schon vergrätzt. Jetzt sollte Werner Lorant kommen. Ein Despot, der ausgerechnet in Frankfurt zum Teamarbeiter werden sollte. Das hätte zum Ruf des Skandalklubs, den die Eintracht wohl niemals los wird, gepasst. Aber Lorant bleibt bei 1860 München, und Steven Jedlicki, der Vorstandsvorsitzende der Eintracht, erklärte: "Das ist enttäuschend. Er hätte gut zu uns gepasst." Das sagt ja auch schon wieder alles.

Doch im Moment hat Rausch das Sagen. "Der Abstieg mit Nürnberg, an dem hatte ich lange zu knabbern. Das will ich nicht noch mal erleben", sagte er und schloss müde die Augen. "Das aber müssen auch die Fans begreifen. Von denen bin ich enttäuscht. Die Mannschaft hat heute alles gegeben, und die wollten über die Zäune."

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