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Mittendrin bei den Eisbären. Mit Thomas Oppenheimer haben die Eisbären einen echten Torjäger verpflichtet, der auch Führungsqualitäten mitbringt.

©  Monika Skolimowska/dpa

Eisbären Berlin bauen Team um: Alles eine Frage der Philosophie

Bei den Eisbären sollen sich neue Hierarchien bilden. Auch deshalb setzt der Klub bisher vor allem auf erfahrene Zugänge.

Jung, entwicklungsfähig und dazu bezahlbar – nach diesen Kriterien wählen Klubs der Deutschen Eishockey- Liga (DEL) am liebsten ihre Neuzugänge aus. Allerdings ist der Markt an solchen Spielern recht überschaubar. Bei den Eisbären haben sie diese Erfahrung in der jüngeren Vergangenheit auch machen müssen. Berlin ist immer noch eine gute Adresse für ambitionierte Profis, aber für andere Vereine gilt das inzwischen auch – und die verfügen zudem noch über das entsprechende Kleingeld.

Die Eisbären müssen sich also den Gegebenheiten anpassen, unter dem neuen Sportdirektor Stephane Richer scheint genau das gerade zu passieren. Von den bisher vier bestätigten Neuzugängen sind zwei 28 Jahre alt (Martin Buchwieser und Thomas Oppenheimer) und die anderen beiden mit 31 (Sean Backman) und 32 (Danny Richmond) sogar jenseits der dreißig. Angeblich kursiert in der Szene schon der Witz, dass sich reifere Aktive am Ende ihrer Laufbahn nun oft überlegen, ob „Karriereende oder Berlin“.

Den Vorwurf, dass die Eisbären nur noch ältere Profis verpflichten würden, lässt Geschäftsführer Peter John Lee jedoch nicht gelten: „Wir brauchen erfahrene Spieler als Gerüst, weil wir jetzt wieder auf viele junge Spieler setzen.“ Als Beispiel führt Lee die schon DEL-erfahrenen Vincent Hessler, Maximilian Adam und Charlie Jahnke an, die gerade ihr Abitur „gut hinter sich gebracht“ hätten und „nun bereit sind für die Profikarriere“. Die Jungprofis konnten in dieser Woche in einem speziellen „Development Camp“ unter Anleitung von vier renommierten Nachwuchstrainern vom Partnerklub Los Angeles Kings weitere wichtige Erfahrungen sammeln, der Rest der Eisbären-Truppe hat derzeit noch Sommerpause.

In dieser Woche fand im Sportforum ein Development Camp unter Anleitung von Trainer der LA Kings statt

Klar ist, in Berlin weht ein frischer Wind. Die Eisbären haben erkannt, dass sie sich bewegen müssen, um wieder an frühere Glanzzeiten anknüpfen zu können. Das bedeutet nicht nur, andere Spielertypen zu verpflichten, sondern auch die Strukturen in der Führungsebene neu zu sortieren. Richer macht dabei als Sportdirektor bisher eine gute Figur, wirkt zupackender als sein Vorgänger Stefan Ustorf, der jetzt für den Klub das Scouting und die Spielerentwicklung leitet. Dazu haben die Berliner den Abgang von Co-Trainer Marian Bazany mit der Verpflichtung des NHL-erfahrenen Clement Jodoin zumindest auf dem Papier mehr als nur kompensiert. Über den neuen Assistenten sagt Lee: „Das ist ein irrer Typ“, und meint das natürlich in positiver Hinsicht.

Es tut sich was in Berlin und Richer hat schon versprochen, den Kader noch weiter umzubauen. Mit Darin Olver hat einer aus der großen Vergangenheit das Team verlassen, die Vertragsauflösung von Barry Tallackson scheint überdies beschlossene Sache. Priorität hat derzeit die Verlängerung des Kontrakts mit Petri Vehanen, der sich noch nicht sicher ist, ob er wirklich noch ein Jahr dranhängen will. Unter Richer wird sich aber nicht nur das Gesicht der Mannschaft und die Hierarchie im Team verändern, auch der Eishockeystil soll angepasst werden. „Wir wollen schneller und offensiver spielen“, sagt Richer und begründet damit auch seine Neueinkäufe.

Der Weg zurück an die Spitze ist allerdings ein beschwerlicher. Und die Konkurrenz schläft nicht. Nationalspieler Patrick Hager zum Beispiel, der nach seinem Zerwürfnis mit der Vereinsführung der Kölner Haie auf dem Markt war, wechselt zum EHC München. Finanziell können die Eisbären mit dem Meister schon länger nicht mehr mithalten, sie müssen mit anderen Mitteln versuchen, ihren Rückstand aufzuholen.

Dazu gehört für 2017/18 auch ein größerer Kader. Die fehlende Tiefe im Team war einer der Hauptgründe für die Misere des Klubs in der vergangenen Saison. Laurin Braun zum Beispiel, der schon als sicherer Abgang gehandelt worden war, könnte deshalb durchaus noch eine Zukunft in Berlin haben – wenn er das denn will. Mit Interesse wird auch zu beobachten sein, ob neben Sean Backman noch mehr Spieler den Weg über die Organisation der LA Kings nach Berlin finden werden. Gerade von dieser Kooperation versprechen sich die Eisbären bekanntlich viel – und das betrifft nicht nur die Förderung von Talenten wie aktuell im „Development Camp“ im Sportforum.

Für die Eisbären wird die kommende Saison zu einer Nagelprobe. Eine ähnliche Hauptrunde wie 2016/17 will sich der Klub nicht noch einmal leisten. Schon deshalb ist die aktuelle Betriebsamkeit nur logisch. Wie stark das neue Team dann wirklich ist, wird sich aber erst noch zeigen müssen.

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