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Immer feste druff: Der Berliner Sven Felski prügelt sich mit dem Mannheimer Shawn Belle (r.). Im Finale treffen Berlin und Mannheim wieder aufeinander und kämpfen um die Vormachtstellung im deutschen Eishockey.

© dpa

Eisbären gegen Adler: Zum Erfolg gekauft

Mit den Eisbären Berlin und den Adlern aus Mannheim stehen zwei Teams mit ähnlicher Geschichte im Finale der Deutschen Eishockey-Liga.

Berlin - Als Peter John Lee im Februar beim Chef in Los Angeles vorbeischaute, war er erstaunt, wie gut Philip Anschutz über sein Projekt in Berlin informiert war. „Der wusste genau, wer bei den Eisbären gerade verletzt ist und welcher Spieler gut in Form ist“, erzählt Lee. Womöglich hat der 72 Jahre alte Milliardär aus Denver im US-Staat Colorado fleißige Assistenten, die dem Firmenboss detaillierte Bulletins über seinen Berliner Eishockey-Klub zukommen lassen. Oder, das sagen viele Beobachter über den Mann, der seit 40 Jahren kein Interview gegeben hat, er ist tatsächlich mit Liebe dabei, wenn es um seine Eisbären geht. Lee sagt, dass er in den kommenden Tagen wieder verstärkt mit Mails aus den USA rechne. Denn Sonntag beginnt in Berlin die Finalserie in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) zwischen den Eisbären und den Adler Mannheim (Beginn 14.30 Uhr, live auf Sky).

Es treffen sich in diesem Jahr die Teams, die seit Gründung der Liga im Jahr 1994 oft sportliches Maß aller Dinge waren. Fünf Meistertitel haben beide gewonnen. Dank guter Arbeit, aber vor allem dank der solventen Männer im Hintergrund, und da gibt es Parallelen zwischen Berlin und Mannheim. 1998 hatten die Adler die Eisbären bei deren ersten Finalteilnahme in der DEL gerade besiegt, als herauskam, dass in Mannheim über die Verhältnisse gewirtschaftet wurde. Vier Millionen Steuernachzahlung konnte der Klub nicht bewältigen. Ein Glück, dass es in der Fankurve im Stadion am Friedrichspark einen Anhänger gab, der helfen konnte: Daniel Hopp, damals 18 Jahre, fragte seinen Vater um Hilfe. So kam Dietmar Hopp, Gründer des Softwarekonzerns SAP, zum Eishockey. Bei den Eisbären rettete der Einstieg der Anschutz-Gruppe 1999 den Klub vor dem Gang in die Insolvenz. Anschutz steht bis heute per Patronatserklärung für zweistellige Millionenschulden gerade.

An beiden Orten wurde in Nachwuchs und Infrastruktur investiert, dann wurden riesige Mehrzweckhallen gebaut. Allerdings gab es qualitative Unterschiede. Der heute 71 Jahre alte Hopp ließ in die Nachwuchsarbeit investieren. Neben der Arena in Mannheim gibt es zwei Trainingshallen, in Berlin, an der Arena am Ostbahnhof, wäre das undenkbar. Die Eisbären spielen dort nur, trainiert wird in Hohenschönhausen. Mannheims Projekt Jungadler ist einmalig in Deutschland, in den jüngsten elf Jahren gewann die Mannschaft in der Deutschen Nachwuchs-Liga neun Mal den Titel – den letzten vor ein paar Wochen in der Finalserie gegen die Eisbären.

Was Anschutz und Hopp eint, ist die öffentliche Distanz zum Klub. Der Mann aus Denver schaut einmal im Jahr in Berlin vorbei, Hopp ist zwar häufig in einer Loge der Mannheimer Arena, hält sich aber zurück. Seitdem die TSG Hoffenheim in der Fußball-Bundesliga spielt, ist er als Person öffentlicher und angreifbarer geworden als ihm lieb ist. Die Geschäfte der Adler lenkt als Hauptgesellschafter Sohn Daniel – ganz nah am Objekt. Er verfolgt jedes Spiel im kurzen Abstand zur Plexiglasscheibe an der Eisfläche.

Viel Geld für wenig Erfolg – das war bei den Adlern zuletzt ein Problem. Nur im Jahr 2007 konnten sie die Titelserie der Eisbären unterbrechen. Deren Manager Lee spottete noch vor ein paar Jahren: „Wir haben lieber sieben Nachwuchsspieler im Profiteam als sieben Meistertitel mit dem Nachwuchsteam.“ Auch bei den Eisbären spielen mit den Braun-Brüdern Constantin und Laurin sowie Stürmer Florian Busch drei Profis, die von den Jungadlern kamen. In Mannheim schaffte kaum ein Nachwuchsspieler den Sprung in den Profikader, da herrschten Erfolgsdruck und Ungeduld. Das hat sich seit dem Engagement von Harold Kreis im Sommer 2010 geändert. Kreis kennt Mannheim, spielte von 1978 bis 1997 dort. Als ehemaliger Co-Trainer der Nationalmannschaft kennt er sich auch im Nachwuchs aus. Fünf ehemalige Jungadler stehen nun unter der Regie von Kreis im Profi-Kader. Insofern haben sich die Mannheimer den Eisbären angenähert. Daniel Hopp sagt: „Wir sind lange nicht mehr von den Ergebnissen eines Wochenendes oder eines Monats getrieben. Wir verfolgen eine langfristige Strategie.“

Das Familienunternehmen Hopp und die Anschutz-Filiale Berlin unterscheiden sich von anderen Klubs der DEL, die zu einem Spielplatz der Millionäre geworden sind. So hat Bauunternehmer Günter Papenburg mit den Hannover Scorpions zwar 2010 den Meistertitel gewonnen, dafür aber viel Geld verloren. Und nun versucht Schmuckproduzent Thomas Sabo, bei den Ice Tigers in Nürnberg sein Geld für sportlichen Erfolg zu investieren.

Was die Fraktion der Mäzene eint, ist ihre zur Schau getragene Begeisterung bei den Spielen. Mit Fanschal wurden alle schon im Stadion gesichtet – auch Anschutz. Wenn der mal auf Berlin-Besuch ist, dann gibt er alles in Sachen Eisbären. Als eine Delegation seines Klubs bei einem Abendessen in einem Berliner Promi-Lokal in feine Anzügen gewandet den Chef empfing, überraschte sie der. Philip Anschutz trug einen Trainingsanzug – von den Eisbären.

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