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Trainer bei der Arbeit. Jeff Tomlinson muss sich derzeit viele Gedanken um seine Eisbären machen.

© Imago

Eisbären gewinnen in Augsburg: Jeff Tomlinson bleibt cool im Chaos

Die Eisbären können doch noch Tore schießen. In einem wilden Spiel gewinnen die Berliner im Penaltyschießen bei den Augsburger Panthern 4:3. Eine Erlösung auch für Trainer Jeff Tomlinson.

Es ist eiskalt am Freitagabend in Augsburg. Die Temperaturen sind am Gefrierpunkt. Jeff Tomlinson hat es wärmer. Das Curt-Frenzel-Stadion, zuletzt letztes halboffenes Stadion in der Deutschen Eishockey-Liga, ist nun eine Betonburg und innen zu einer Arena mit grauen Schalensitzen umgebaut worden. Doch der neue Komfort in Augsburg interessiert den neuen Trainer der Eisbären wenig. Allein ein Sieg zählt für Tomlinson, nachdem sein Team von neun Spielen sechs verloren hat. Und es werden harte 65 Spielminuten für den Coach bis ihn das Penaltyschießen erlöst: Die Eisbären gewinnen schließlich 4:3 (1:1, 1:1, 1:1/1:0) bei den Augsburger Panthern. 

Vielleicht ist es ein Atemholen in der Krise für den Trainer des Meisters, vielleicht mehr. Kurz vor Spielbeginn jedenfalls wirkt Tomlinson unruhig. Weit vor seinem Augsburger Kollegen Larry Mitchell läuft er zu seiner Spielerbank. Macht noch ein Shakehands mit den Betreuern und nimmt einen Schluck aus der Pulle. Gäbe es Kilometergeld, Tomlinson hätte schon vor dem Spiel ein kleines Vermögen zusammen, so wie er hinter der Auswechselbank hin- und herläuft. 

Erst mit Spielbeginn hat der Trainer seine Position gefunden, nun wippt und wankt er aus dem Stand. "Wir haben intensives Torschusstraining hinter uns", hat er vor dem Spiel gesagt. War auch nötig, nachdem die Eisbären zuletzt wenig bis gar nicht trafen. Doch zum Torschuss kommen sie zunächst nicht. Der Tabellenneunte diktiert, der Vorletzte aus Berlin reagiert. So gut, dass Travis Mulock nach neun Minuten eine Konterchance hat – sie aber trotz Torschusstraining vergeudet. Im Gegenzug macht es Daryl Boyle für Augsburg besser. Tomlinson verfolgt den ersten Gegentreffer mit hängenden Schultern. Wieder ein Schluck aus der Pulle, nun wird der Trainer agil. Er stellt sich auf die Spielerbank. Von dort aus sieht er, wie Julian Talbot das 1:1 erzielt. Tomlinson reißt die Arme hoch, verliert das Gleichgewicht und stürzt fast von der Bank. 

Tomlinson fängt danach an, auf seine Spieler einzureden. Er merkt, dass an diesem Abend etwas drin ist, der Gegner wirkt uninspiriert. Verdient gehen die Eisbären im Powerplay durch Talbot in Führung. Doch Augsburg gleicht aus. 

Es wird ein unruhiges letztes Drittel für die Berliner, auch wenn es Barry Tallackson  mit dem 3:2 für sie eröffnet. Augsburgs Sebastian Uvira und Shawn Lalonde liefern sich eine Keilerei, der Berliner präsentiert sich mit rudernden Armen als Sieger vor den Augsburger Fans, bevor er wie Uvira mit einer Spieldauerstrafe vom Eis muss. Über 5000 Zuschauer toben ob der Provokation, Tomlinson verfolgt es gelassen. Dann aber nimmt er wieder Fahrt auf, tanzt auf der Bank, dirigiert. Seine Spieler stehen vor der Auswechselbank, sitzen will keiner mehr. Drei Minuten vor Ablauf der 60 Minuten sitzen alle wieder – Stephen Werner hat zum 3:3 ausgeglichen. Es geht in die Verlängerung. 

Augsburgs Coach Mitchell redet in der kurzen Pause auf seine Spieler ein, Tomlinson sagt kaum noch etwas. Es fallen keine Tore mehr, das Penaltyschießen muss entscheiden. Mulock erzielt den Siegtreffer für die Eisbären. Zwei Punkte für Tomlinson. Der Trainer reißt die Arme hoch. Zum demütigenden Absturz auf den letzten Tabellenplatz kommt es für die Berliner nicht. Tomlinson sagt nach dem Spiel: "Wir haben einen kleinen Schritt nach vorne gemacht. Das ist schon etwas."

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