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Sport: Eisbären mit Charakter

Die Berliner siegen in Serie – weil sie nervenstark und besser besetzt sind als die Konkurrenz

Auf dem Eis wurden am Dienstag in der Color-Line-Arena keine Freundschaften geschlossen. Die Animositäten zwischen den Freezers und den Eisbären entluden sich schon im ersten Drittel in einer Prügelei zwischen dem Hamburger Benoit Gratton und dem Berliner Denis Pederson. Der Spielverlauf war ebenso dramatisch: Die Freezers hatten einen 0:2-Rückstand aufgeholt und dann doch 2:3 verloren. Eine bittere Niederlage, sollte man meinen. Doch so bitter fand Mike Schmidt sie angeblich nicht. Gut gelaunt begrüßte er nach dem Spiel seinen Berliner Kollegen in den Kellergängen der Arena. Pierre Pagé lächelte zurück und lobte „die tolle Zuschauerkulisse hier in Hamburg“. Bei der Spielanalyse ging es dann freundlich und flapsig zu. Die Eisbären würden unglaublich gutes Eishockey spielen, sagte Schmidt und garnierte die Aussage mit einer Anekdote: „Pierre hat mir vorher gesagt, seine Mannschaft sei wie ein Schiff, das langsam aus dem Nebel auftaucht. Ich habe ihn gefragt, ob sein Team nicht noch ein Spiel im Nebel bleiben könne. Aber er wollte nicht auf mich hören.“

Mit der Metapher hatte Pagé beschreiben wollen, dass die Form seines Teams so langsam ansteige. Eine unverschämte Untertreibung. Nicht erst seit ihrem zehnten Auswärtssieg in Folge sind die Berliner in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) die stärkste Mannschaft. „Wir haben Charakterstärke und den Willen, der uns enge Spiele gewinnen lässt“, sagt Stürmer Florian Busch. Zudem sind die Berliner exzellent besetzt. „Wir haben eben drei Sturmreihen auf hohem Niveau“, sagt Pederson. „Bei anderen Teams sind es maximal zwei.“ Und da der Berliner Kader größer ist als bei der Konkurrenz – die Eisbären haben diese Saison schon 32 Spieler eingesetzt –, lassen sich selbst Ausfälle wie der von Pederson nach seiner Boxeinlage verkraften. Der Stürmer bekam gegen Hamburg eine Spieldauerstrafe und ist für das Heimspiel der Berliner am Freitag gegen Augsburg gesperrt. Sein Hamburger Kollege Gratton musste übrigens auch vom Eis, was er nicht verstehen wollte: „Ich habe doch nicht mal meine Handschuhe ausgezogen.“

Das war nicht nötig, Rüpeleien werden in der DEL nicht erst seit der neuen Regelauslegung hart bestraft – und genau da liegt ein anderer, großer Vorteil der Berliner: Neben den Kölnern sind sie das laufstärkste Team in der DEL und können, seitdem Haken, Halten und Behinderung rigoros geahndet werden, ihre Stärken ausspielen – auch in Überzahl: Robust agierende Gegner landen nun häufiger auf der Strafbank als früher – so etwa die Freezers, deren Geschäftsführer Boris Capla daher kein Freund der neuen Kleinlichkeit ist. Eishockey sei nach der neuen Regelauslegung Hochgeschwindigkeitsballett geworden, findet Capla. Allerdings war das am Dienstag 12 803 Zuschauern in Hamburg das Eintrittsgeld wert.

Die „phantastische Kulisse“ machte Pierre Pagé übrigens nachdenklich. „Wenn bei uns an einem Dienstag nur 3800 Zuschauer kommen, dann wird mir gesagt, das liegt daran, dass es Dienstag ist.“ In der Tat stagniert der Zuschauerschnitt bei den Eisbären, da liegen sie in der DEL nur auf Rang neun. „Berlin ist doppelt so groß wie Hamburg, da sollten wir unsere Halle mit 5000 Plätzen immer voll haben“, sagt Pagé. Verdient hätte es der Deutsche Meister, schließlich spielen die Eisbären in der Liga zurzeit das attraktivste Eishockey.

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