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Der Hamburger Torwart Niklas Treutle (r.) kann diesen Eisbären-Schuss aufs Tor halten.

© dpa

Eisbären verlieren in Hamburg: Viele Fehler, viele Tore

19 Tore in zwei Spielen: Weder die Eisbären Berlin noch die Freezers Hamburg scheinen reif für den Titel in der Deutschen Eishockey-Liga zu sein.

Der mittelschwere Faustkampf auf dem Spielfeld war just vorbei. Da ruderte Christoph Schubert nach seiner für ihn einseitig erfolgreich verlaufenen Rangelei mit dem Berliner Mark Katic mit den Armen. Es war die Geste eines angeschlagenen Boxers, der doch noch gewonnen hatte. Seht her Eisbären, wir können es doch, gestikulierte der Kapitän der Hamburg Freezers. Es verfehlte seine Wirkung beim Volk nicht. Die Hamburger Fans in der Arena am Volkspark tobten nach einem Eishockeyspiel mit seltsamen Verlauf: 3:1 hatten die Eisbären im zweiten Viertelfinale nach 56 Minuten schon geführt und dann in der Schlussphase 3:5 (1:0, 1:1, 1:4) verloren.

Kurz nach Spielschluss wurde aus dem Boxer Schubert ein netter Kerl, der sein eigenes Auftreten fast als peinlich einstufte. Er sei nicht so einer, der sich gerne „schlägert“, sagte der gebürtige Münchner. Er habe die Berliner in keinem Fall anmachen wollen. „Wenn das falsch rübergekommen ist, tut es mir leid. Das waren die Emotionen.“ Es steht nun 1:1 im Duell der Emotionen, in der nach dem Modus „Best of seven“ ausgespielten Play-off-Serie zwischen Berlinern und Hamburgern – nicht nur nach Siegen, sondern auch nach Spielverläufen: Beim ersten Aufeinandertreffen in Berlin hatten die Eisbären nach 0:4-Rückstand 6:5 nach Verlängerung gewonnen, am Freitag in Hamburg haben die Berliner nun ihren mentalen Vorteil verloren. Nun ist klar, dass auch die Freezers Rückstände aufholen können.

Vier Gegentore in dreieinhalb Minuten waren eine unschöne neue Erfahrung für Berlins Kapitän André Rankel. „Ich bin jetzt zehn Jahre bei den Eisbären, doch so etwas habe ich noch nicht erlebt“, sagte er. „Wir waren 56 Minuten die bessere Mannschaft und dann bringt uns ein unglückliches Gegentor aus dem Rhythmus.“ Für seinen Hamburger Kollegen Schubert sind die absurden Spielverläufe erstaunlicher Weise ein Beleg für Qualität: „Man sieht, wie gut beide Mannschaften Eishockey spielen können.“

Das lässt sich auch anders sehen. Insgesamt 19 Tore in zwei Spielen zeugen nicht von guter Abwehrarbeit – auf beiden Seiten. Zumal gerade in den Play-offs die Konzentration in der Defensive im Normalfall höher ist als in einem Hauptrundenspiel. Im eigenen Drittel leisteten sich beide Teams bisher sehr viele Fehlpässe, auch gibt es für eine Play-off-Serie überdurchschnittlich Konterchancen auf beiden Seiten. Und die ersten Duelle zwischen dem Tabellenvierten und Tabellenfünften wurde auch von schwachen Torhüterleistungen geprägt. Niklas Treutle wirkt insgesamt flattrig, bei seinem Berliner Kollegen Rob Zepp fehlt das Mittelfeld in den Leistungen. Zwei Drittel lang hielt er in Hamburg hervorragend, in der Schlussphase kassierte Zepp dann Kullertore wie das 2:3 der Hamburger durch Colin Murphy.

Was sich zugunsten der Hamburger sagen lässt, ist ihre körperliche Präsenz. Mit ihren vielen Checks konnten sie die Berliner im zweiten Spiel beeindrucken, obwohl die Eisbären – wenn sie nicht ihre Aussetzter haben – kontrollierter spielen können als der Gegner. Trainer Don Jackson findet, dass seine Mannschaft viereinhalb Drittel das bessere Team war. Darauf ließe sich aufbauen für Spiel drei der Serie am Montag in Berlin. Was genau er damit meinte, wusste Jackson am Ende aber wohl nicht, denn als er am späten Freitagabend die Hamburger Arena verließ, um zum Mannschaftsbus zu gehen, sagte der Trainer des Deutschen Meisters noch: „Nach diesen zwei Spielen weiß niemand mehr, was er in den nächsten Spielen erwarten kann.“

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