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Sport: Eishockey: Derby des Wohlgefallens

Das 52. Berliner Derby im Eishockey begann wie so viele zuvor.

Das 52. Berliner Derby im Eishockey begann wie so viele zuvor. Emotionen auf dem Eis und auf den Rängen - und trotzdem löste sich am Ende im Sportforum Hohenschönhausen alles in Wohlgefallen auf. Als Verlierer fühlte sich keiner. Der EHC Eisbären hatte im Endspurt eine 5:1-Führung verspielt, schließlich im Penaltyschießen zwei Punkte errungen. Die Capitals hingegen wähnten sich nach der imposanten Aufholjagd im letzten Drittel als moralischer Sieger. Dies jedenfalls stellte ihr ehemaliger Manager Roger Wittmann fest.

Auch die Debütanten auf beiden Seiten waren guter Dinge. Uli Egen feierte einen gelungenen Einstand als neuer EHC-Coach, Chris Valentine konnte nach seinem ersten Berliner Derby als Capitals-Trainer zufrieden sein. Der Stil der beiden kurzfristig inthronisierten Übungsleiter unterscheidet sich wesentlich von dem ihrer Vorgänger. Da bekamen etwa bei Egen unter Glen Williamson häufig zurückgesetzte Akteure wie Vaic oder Hammarström ihre Chance. Letzterer wurde dabei nicht vom Glück verfolgt. Bereits nach drei Minuten verletzte sich der Schwede am Zeigefinger und muss nun zehn Tage pausieren. Darüber ärgere er sich gar nicht mal so sehr, sagte Hammarström. Wichtiger sei doch, dass er gesehen habe, dass sich Anstrengungen für ihn nun wieder lohnen.

Ähnliches gilt auch für einige Akteure aus dem anderen Berliner Klub. Besonders die deutschen Spieler scheinen unter ihrem neuen Trainer einen guten Stand zu haben. Der in der Vorwoche entlassene Valentine-Vorgänger Michael Komma hätte eine Sturmreihe mit Schiffl, Senger und Brännström wohl spätestens nach dem ersten Drittel auf der Bank schmoren lassen. Valentine warf geduldig vier Angriffsformationen ins Rennen und wurde belohnt: Spätestens als Brännström den Ausgleich zum 5:5 erzielte.

Natürlich, sagte Valentine, habe er vor dem letzten Drittel noch an eine Wende geglaubt. Auf der anderen Seite war sich Egen ob des Einbruchs seiner Spieler im Schlussdrittel bewusst, dass sich diese bei den Eisbären zuletzt so oft gezeigte Schwäche nicht ohne weiteres beheben lässt: "Wir haben da ein mentales Problem." Die beiden Herren lieferten nach dem Spiel durchaus eine verbale Auseinandersetzung der anspruchsvolleren Art ab. Derartige Eloquenz hatten ihre Vorgänger nicht geboten.

Trotz des gelungenen Derby-Abends wirkte der Rauswurf von Eisbären-Coach Williamson nach. Am Donnerstagabend hatte Peter John Lee im Hause Williamson nur den Babysitter angetroffen, erst am Freitagmorgen konnte der EHC-Manager dem Trainer dessen Beurlaubung mitteilen. Da wussten es viele Eisbären-Spieler schon, manche aus einer Boulevardzeitung. Die unausgewogene Informationspolitik eines Herren aus der EHC-Führungsetage hatte diese Posse ermöglicht. "Das wird Konsequenzen für den Betreffenden haben", kündigte der Generalbevollmächtigte der Eisbären, Martin Müller, an.

Ob das Derby Konsequenzen für die beiden Kontrahenten hat, bleibt abzuwarten. Die Kräfteverhältnisse im Berliner Eishockey haben sich durch den knappen Sieg der Eisbären nicht verschoben. Dem ersten Erfolgserlebnis unter Egen müssen weitere folgen. Einfach wird es damit heute nicht: Ohne ihren gesperrten Star Alex Hicks (drei Zehn-Minuten-Strafen) müssen die Berliner bei den München Barons antreten. Wie gut die Beförderung Egens für die Eisbären war, wird sich in den kommenden Wochen zeigen. Ein Trainer, der sich fleißig und anspruchslos zeigt, sollte den Eisbären-Bossen aber willkommen sein. Vorerst möchte Egen in Doppelfunktion auch die zweite Mannschaft, die Eisbären Juniors, trainieren. Einen neuen Vertrag fordert der 44-Jährige auch nicht. "Ich habe doch schon einen als Trainer der Juniors", sagt Egen. Bei den Capitals, die heute die Frankfurt Lions empfangen (Beginn 15.30 Uhr, Eissporthalle Jafféstraße), steht Valentine mit seinem Team besser da als bei Amtsantritt. Die Charlottenburger sind nach dem Punktgewinn vom Freitag Dritter. Noch ein Beleg dafür, dass das 52. Derby ein Erfolg für beide Trainer war.

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