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Wer das fünfte Spiel gewinnt, feiert den Finaleinzug.

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Eishockey-Halbfinale: Das fünfte Spiel hat eigene Gesetze

Nur einer darf am Ende jubeln: Die Eisbären Berlin spielen heute im letzten aller möglichen Versuche gegen die Düsseldorfer EG um den Einzug ins Finale.

Von Katrin Schulze

Mehr geht nicht. Wenn es im Eishockey zum Entscheidungsspiel kommt, dann ist der ultimative Spannungsmoment erreicht. Aus einer Best-of-seven- oder Best-of-five-Serie wird dann ein Ausscheid nach dem Modus best of one. Von einem Spiel hängt Wohl oder Wehe einer ganzen Saison ab. Und normal ist dann nicht mehr viel, das sagen zumindest die Profis. Am heutigen Dienstag treffen sich die Düsseldorfer EG und die Eisbären Berlin im Play-off-Halbfinale, um auszuspielen, wer ins Finale um die Deutsche Meisterschaft einzieht (19.35 Uhr, live bei Sky). Doch worauf kommt es wirklich an?

Gesetz der Serie vs. Anarchie

Insgesamt acht Mal standen sich die Düsseldorfer und die Eisbären in dieser Saison schon gegenüber. Das Erstaunliche daran: Beide Teams konnten jeweils ihre vier Heimspiele gewinnen – Auswärtssiege: Fehlanzeige. Überhaupt liegt der bisher letzte Erfolg der Berliner in Düsseldorf schon eine ganze Zeit zurück. Im Jahr 2009 siegten die Berliner im vierten Finalspiel bei den Rheinländern, seither verließen sie das Düsseldorfer Eis immer als Verlierer. „Die Arena und die lauten Düsseldorfer Fans machen schon etwas aus“, sagt auch der Berliner Angreifer Steve Walker. Ginge es nach dem Gesetz der Serie, müsste die DEG also vom Heimvorteil profitieren und ins Finale einziehen. Warum diese Regel jetzt auf einmal nicht mehr zählen soll? An dieser Stelle deshalb ein kurzer Exkurs in die beste Eishockeyliga der Welt. 2009 trafen sich in der NHL die Detroit Red Wings und die Pittsburgh Penguins zu einem der spannendsten Finals der Geschichte. Hin und her ging es, einem Sieg des einen Teams vor eigenem Publikum folgte ein Sieg des anderen vor eigenem Publikum. 3:3 hieß es schließlich, so dass die siebte Begegnung zum Finale des Finale wurde. Dort gewann Pittsburgh – in Detroit. „Beim letzten Spiel ist es total egal, wo es ausgetragen wird“, sagt der Berliner Stürmer Sven Felski. „Da kommt es auf ganz andere Dinge an.“

Mentalität vs. Nervosität

Es ist natürlich eine Frage der Nerven, wenn alles von einem Spiel abhängt. Nicht ohne Grund sagt Don Jackson, dass „wir uns im mentalen Bereich noch steigern müssen“. Beim vierten Duell am Sonntag hat der Coach der Eisbären in diesem Bereich noch Schwächen erkannt. Klar, wenn seine Mannschaft neun Minuten vor Schluss nach einem ebenfalls arg nervösen Beginn noch eine 1:3-Führung abgibt. Düsseldorfs Trainer Jeff Tomlinson hingegen war natürlich davon angetan, „wie gut sich meine Mannschaft zurückgekämpft hat“. Das zeuge von Moral. Und die Eisbären spürten erst wieder in der Verlängerung eine „Riesenbefreiung“ (Verteidiger Frank Hördler), als Steve Walker für sie dann doch noch das entscheidende Tor zum 4:3 schoss. Die Düsseldorfer mögen sich in der Overtime die besseren Gelegenheiten erarbeitet haben, die Eisbären jedoch machten das Tor – „weil wir abgeklärt blieben und von uns überzeugt waren“, wie Stürmer André Rankel sagte. Und sowieso: „Die Serie wird entschieden, wer es mehr will.“

Glück vs. Können

Demnach spielt die Qualität eines Teams im fünften und finalen Aufeinandertreffen keine Rolle mehr? Nun, ganz so einfach ist es nicht. Es mag sich sonderbar anhören, aber es kommt auf Können und Glück gleichermaßen an. Wenn jeder einzelne Fehler vermeintlich zum Ausscheiden führen kann, scheint es umso wichtiger, verlässliche Profis in seinen Reihen zu wissen. Gerade auf die im Eishockeysport so wichtigen Torhüter trifft dies zu. Der Berliner Goalie Rob Zepp und Düsseldorfs Jean-Sebastien Aubin starteten mit einigen Unachtsamkeiten in die Serie, steigerten sich dann allerdings von Spiel zu Spiel. „An der Denkweise und dem Konzentrationsvermögen von Rob Zepp kann sich die ganze Mannschaft orientieren“, sagt Don Jackson. Dennoch weiß der Coach ebenfalls, dass kleinste (Zufalls-)aktionen dass Momentum auf die Seite des anderen ziehen können. „Vielleicht war es gar nicht so schlecht, dass wir erst in der Verlängerung gewonnen haben“, sagte Sven Felski nach dem Sonntagsspiel. „Es scheint, als wäre das Momentum jetzt erstmal bei uns.“

Erfahrung vs. Unbedarftheit

Die Eisbären müssen überhaupt erst ein drittes Mal in eine fünfte Entscheidungspartie. Ihre erste gewannen sie – 2008 im Halbfinale gegen Düsseldorf. Ihre zweite verloren sie – im vergangenen Jahr im Viertelfinale gegen völlig losgelöst und unbefleckt auftretende Augsburger Panther. Während den Berlinern all ihre gesammelte Play-off-Praxis nichts half, schafften es die Panther mit ihrem überfallartigen Eishockey sogar bis ins Endspiel. „Wir sehen uns diesmal mit einer anderen Rolle konfrontiert als im Vorjahr“, sagt der 38 Jahre alte Angreifer Steve Walker. „Auf jeden Fall müssen wir diesmal eine bessere Antwort finden als gegen Augsburg. In der Gesamtheit der Endrunde scheinen Erfahrung, routinierte Spieler, die dahin gehen, wo es wehtut, bedeutender für eine Mannschaft zu sein als eine Fraktion junger Wilder. In einer Entscheidungsbegegnung jedoch könnte die mentale wie physische Frische zu einem erheblichen Faktor ausweiten. André Rankel, der aus Berliner Sicht bislang überragende Spieler der Endrunde, gibt sich zumindest nach außen hin so locker. „Druck verspüre ich gar nicht“, sagt er. „Es ist die schönste Zeit des Jahres, und da geht’s nur darum, Spaß zu haben“ Wenn das doch nur so einfach wäre im entscheidenden Spiel fünf eines Halbfinals.

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