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Eishockey: Kräftige Jungs und müde Hamburger

1:1 im Play-off-Duell: Eisbären und Freezers streiten nicht nur auf dem Eis.

Bill Stewart grinste. Der Trainer kam mit Schwung aus der Umkleidekabine seiner Hamburg Freezers. Dann eilte er auf den Manager der Eisbären, Peter John Lee zu und rief: „Hey, Chef“. Lee blickte verdattert fragend, doch da war Stewart schon vorbeigerauscht. Zum nächsten Begrüßungsopfer, seinem Berliner Kollegen Don Jackson. „Hello, big boy“, säuselte Stewart den Eisbären-Trainer an. Lustig. Aber auch erstaunlich: Der 52 Jahre alte „Junge“ Jackson hatte mit seinen Eisbären gerade ein wichtiges Eishockeyspiel 7:4 in Hamburg gewonnen und damit Stewart und dessen Team im zweiten Viertelfinalspiel um die deutsche Meisterschaft eine deprimierende Niederlage beigebracht.

Doch Stewart bediente sich am Donnerstag in der Color-Line-Arena in Gesten und Worten der Psychologie der Play-offs, in denen Verlierer von Etappen wie Gewinner der Gesamtwertung wirken wollen. Nur keine Schwäche zeigen, schließlich geht es ja weiter in der Best-of-seven-Serie, beim Stand von 1:1. Heute empfangen die Eisbären die Freezers zum dritten Spiel in Berlin (Beginn 17.30 Uhr, Sportforum). Wirkten die Mätzchen von Stewart schon fast zu penetrant, so hatten die Eisbären nach ihrer überraschenden 2:4-Heimniederlage am Dienstag auch schon aufgesetztes Selbstbewusstsein gezeigt. Stürmer André Rankel hatte gesagt, man werde in Hamburg schon gewinnen. Ganz klar. Vom Ergebnis gesehen war es das dann auch. Vom Verlauf her allerdings war das Spiel nur knappe anderthalb Drittel lang einseitig. Nachdem die Berliner ihre glückliche 3:0-Führung aus dem ersten Abschnitt mit viel Cleverness auf 5:0 ausgebaut hatten, kamen sie noch zwei Mal ins Schlingern: Anfangs des letzten Drittels, nachdem Alexander Barta mit einem unfassbar eleganten Alleingang auf 3:5 für die Freezers verkürzt hatte und dann, als es 4:6 stand. Hamburg hatte viele Chancen, um näher heranzukommen. Doch beide Male konnten die Eisbären wieder auf drei Tore davonziehen. „Da hat meine Mannschaft Charakter bewiesen“, sagte Jackson. Allerdings fand auch der Trainer, dass „ein paar komische Tore dabei waren“.

Der zweimalige Berliner Torschütze Nathan Robinson sagte: „Uns hat die Gelassenheit gefehlt, das Spiel nach dem 5:0 zu kontrollieren. Wir waren einfach zu vorsichtig.“ Trotzdem reichte es für die Eisbären zu einem verdienten Erfolg in einem merkwürdigen Spiel mit mangelhaften Defensivleistungen. So fand auch Hamburgs Kapitän Barta, „dass da zu viele Tore gefallen sind“. Dass es bei den Berlinern nicht mehr Gegentore wurden, lag am soliden Rob Zepp, der weniger Fehler machte als sein nach fünf Gegentreffern gegen Daniar Dshunussow ausgewechselter Hamburger Torwartkollege Philippe Sauvé. Zepp wurde in Hamburg übrigens von Peter Inhacak, Scout der Toronto Maple Leafs, beobachtet. Der Eisbären-Torwart dürfte sich aber mit vier Gegentoren nicht unbedingt für die National Hockey League empfohlen haben.

Es war eben keine rauschende Eishockeynacht in Hamburg, in einer mit knapp 7000 Zuschauern erstaunlicherweise nur halb gefüllten Arena. Dafür versprach das Geplänkel nach dem Spiel Spannung für den Rest einer Serie, in der es keinen Favoriten gibt. Aber mal sehen, sagte Eisbären-Kapitän Stefan Ustorf, ob die Hamburger nicht bald schwere Beine bekommen: „Wir müssen das Tempo hochhalten. Damit können wir ausnutzen, dass die zuletzt mehr Spiele absolviert haben als wir.“ Müde Freezers? „Quatsch“, sagte Alexander Barta. Nur keine Schwäche zeigen: Das ist die Psychologie der Play-offs, die Erfolg verspricht.

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