zum Hauptinhalt
Die Sprache verstand jeder. Uwe Krupp führte das deutsche Team 2010 bis ins WM-Halbfinale – allerdings als hauptamtlicher Bundestrainer.

© dpa/Tschauner

Eishockey-Nationalmannschaft: Nebenbei Bundestrainer? Unsinn!

Es läuft wohl auf einen Trainer im Nebenjob aus. Doch das kann kaum Zukunft haben: Warum das deutsche Eishockey nach Pat Cortina wieder einen hauptamtlichen Nationalcoach braucht.

Drei Jahre lang hat Franz Reindl das Trainererbe seines Vorgängers Uwe Harnos ertragen müssen. Nach der Weltmeisterschaft in Tschechien konnte der Präsident des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB) dann vor einigen Tagen endlich erleichtert verkünden, dass der Vertrag mit Bundestrainer Pat Cortina nicht verlängert wird. Einfach. Wieder WM-Viertelfinale verpasst, also raus mit dem. Doch damit stand der DEB vor den Aufgaben wie dem Olympia-Qualifikationsturnier 2016 oder der WM 2017 in Deutschland vor einem Problem: Denn Eishockey-Bundestrainer als Hauptberuf, das will sich kaum ein renommierter Trainer antun. Ein Jahr lang schuften für knapp drei Wochen WM oder alle vier Jahre die Aussicht auf Olympische Spiele – ein undankbarer Job ohne Aussicht auf großes Interesse der deutschen Öffentlichkeit, geschweige denn sportlichen Ruhm.

Franz Reindl wusste, dass sein Stellengesuch kaum Erfolg gehabt hätte. Also änderte er einfach das Anforderungsprofil, sagte, der Neue dürfe ruhig auch einen Klub betreuen. Reindl schrieb den Nebenbeibundestrainer aus und verkündete: „Es gibt verschiedene Möglichkeiten und Kandidaten.“ Für einen Job, den es so nicht geben sollte: Denn Bundestrainer nebenbei, das funktioniert in keiner Sportart. Erst recht nicht im Eishockey.

Allen voran ist Uwe Krupp einer von Reindls Kandidaten. Der war schon mal ganz erfolgreich Bundestrainer (von 2005 bis 2011), ist derzeit Klubtrainer (Eisbären Berlin), könnte sich die Sache aber schon vorstellen, so nebenbei. Womöglich, so Reindl, in einer Art Trainerstab. Für den drängt sich der Kanadier Geoff Ward auf, der ist mit den Adler Mannheim just Deutscher Meister geworden und war Cortinas Assistent bei der WM in Prag. Komplettieren ließe sich das Trio zum Beispiel mit einem aufstrebenden Trainertalent, made in Düsseldorf: Christof Kreutzer hat die DEG zuletzt als Außenseiter ins Liga-Halbfinale geführt. Das qualifiziert für den Bundestrainer-Job: Außer Kreutzer und Krupp firmieren nur noch der gebürtige Tscheche Pavel Gross und der in Zweibrücken geborene Kanadier Larry Mitchell als deutsche Trainer in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL).

Es gibt einfach zu wenig deutsche Trainer in höheren Ligen

Das ist eine Facette des deutschen Eishockeydilemmas: Seit Jahren sind deutsche Spieler in der Liga auf dem Vormarsch, auch wegen des Ausländerbeschränkung spielen inzwischen über 60 Prozent deutsche Profis in der DEL. Zum Vergleich: in der Fußball-Bundesliga sind nur zu 52 Prozent deutsche Profis beschäftigt. Aber: Deutsche Trainer bekommen im deutschen Eishockey höherklassig selten eine Chance. Das liegt auch daran, dass die DEL-Teams strukturell nordamerikanisch geprägt sind – weil die Leistungsträger meist aus dem Ausland kommen. Ein deutscher Trainer muss gut Englisch sprechen können, Deutsch funktioniert in der DEL bei der Mannschaftsansprache nicht. Und der Trainer muss nordamerikanisch Eishockey denken können. Das können die wenigsten so gut wie Krupp, der fast seine gesamte Spielerkarriere in Nordamerika verbracht hat. Ein Bundestrainer muss allerdings nicht Nordamerikanisch denken und schon gar nicht Englisch sprechen: als Trainer von 21 jungen deutschen Männern – auch daran ist Cortina gescheitert, sein Deutsch war zu schlecht.

Die Ansprache der Spieler sollte aber eine substanzielle Aufgabe eines Bundestrainers sein. Denn eine Mannschaft hat so ein Trainer über 40 Monate im Jahr nicht, nicht umsonst heißt es Auswahlmannschaft: Ein Trainer sollte die Zeit haben, über die gesamte Saison seine möglichen Kandidaten beobachten können und in engem Kontakt zu ihnen stehen. Nur so ließe sich ein Dilemma wie bei der vergangenen WM vermeiden, als über 20 Profis absagten: Zehn Deutsche kamen in dieser Saison in der weltbesten Liga, der National Hockey-League (NHL) zum Einsatz, nur einer von ihnen konnte und wollte bei der WM spielen. Aber es ist für die Stärke des Nationalteams eminent wichtig, dass ein Bundestrainer engen Kontakt zu den Nordamerika-Profis hält – und davon gibt es auch viele außerhalb der NHL. Das wäre für einen Klubtrainer Krupp nebenbei nicht machbar.

Es gibt zu viele verschiedene Interessen

Ein Trainerkonsortium würde kaum helfen, zumal dann auch noch verschiedene Interessen ins Spiel kommen: Schon bei der WM in Prag monierten Spieler, das Ward zu sehr auf seine Mannheimer Profis eingehe. Und das Thema Nachwuchsnationalmannschaften ist auch von einem Führungsstab nicht zu bewältigen: Dort waren zuletzt eben die hauptamtlichen Bundestrainer auch aktiv, doch das Konzept eines strukturellen Aufbaus wäre nun obsolet – denn dass sich ein Nebenbeibundestrainer um das Spielsystem des U-16-Teams kümmert, ist utopisch.

Der Vorstoß des DEB kann womöglich die größte Not lindern, was nicht schwer ist, denn Cortina hinterlässt ein trübes Erbe: Drei Mal das Viertelfinale und einmal Olympische Spiele verpasst – diese Bilanz kann Krupp nebenbei überbieten.

Aber das würde dem deutschen Eishockey dauerhaft kaum helfen und hat ihm in der Vergangenheit schon nicht geholfen. Den Bundestrainer im Nebenjob gab es ja schon – Hans Zach. Doch das waren andere Zeiten und Zach war mit den Kassel Huskies in der DEL meist während der Play-offs schon draußen, wenn sich das Nationalteam im April auf die WM vorbereitete. Nur als Coach der Kölner Haie hatte er nicht das Glück und ließ seine Assistenten das Gros der Vorbereitung leiten – es hagelte Kritik und schließlich musste Hans Zach im Jahr 2004 gehen. Nicht als Klub-, sondern als Bundestrainer.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false