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Alles nicht einfach. Michael Wolf (r.) im Spiel gegen die Schweiz.

© AFP

Eishockey-Weltmeisterschaft: Anführer Michael Wolf und die Zerstrittenen

Michael Wolf hat die Aufgabe, das deutsche Team bei der WM in Tschechien anzuführen. Einfach ist das nicht, denn vor dem Spiel gegen Schweden scheint das Gefüge im Team nicht mehr zu stimmen.

Als gelernter Angreifer weiß Michael Wolf, wie eine Vorlage zu verarbeiten ist. Ob es jetzt nur noch um den Klassenverbleib gehen würde, wurde der Mannschaftskapitän der Eishockey-Nationalmannschaft am Dienstag nach dem 0:1 gegen die Schweiz gefragt. „Abgehakt ist noch gar nichts“, sprach Wolf. Ist ja auch nicht kompliziert: Nach nur drei Punkten aus drei Spielen bei der WM in Prag müssen die Deutschen von den verbleibenden vier Gruppenspielen mindestens zwei gewinnen und dann grüßt schon das Viertelfinale. Den ersten der nötigen Siege könnten sie am Donnerstag gegen die Schweden (20.15 Uhr, Sport1) einfahren, dann geht es noch gegen Lettland, Tschechien und Österreich.

Michael Wolf ist mit 34 Jahren erfahren genug um zu wissen, dass er sich mit seinen markigen Worten nur für ein paar Tage Luft verschafft, bis dann wohl das große Gewitter hereinbricht. Es regnet nämlich schon durch beim deutschen Team: Nach dem 0:1 gegen die Schweiz drangen erste Details über die Stimmung innerhalb der Mannschaft nach außen. Thomas Oppenheimer sagte im Fernsehinterview: „Ich will es eigentlich nicht sagen, aber wir haben vier Wochen etwas trainiert und jetzt stecken wir drin und machen es anders. Das ist die Erklärung, ganz einfach.“ Der Hamburger Stürmer spielte dabei auf Differenzen mit den Spielern aus Ingolstadt und Mannheim an, die waren aufgrund der noch laufenden Finalserie in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) erst vor einer Woche zum Team gestoßen.

Dass Wolf ein ersatzgeschwächtes und zerissenes Team durch das Turnier in Prag führen muss ist eine undankbare Aufgabe, für die er sich nicht aufgedrängt hat. Denn Wolf ist kein Anführer auf hohem Niveau. Den Großteil seiner Klubkarriere hat der Bayer in Iserlohn verbracht, in der kuscheligen Sauerländer Provinz fiel ihm das Toreschießen leicht. Leichter, als nun seit einem Jahr beim von Red Bull hochgepäppelten Klub in München. Die zusammengekaufte Startruppe um Wolf scheiterte in der vergangenen Saison der DEL bereits im Viertelfinale.

Was Tore angeht, ist Wolf eine zuverlässige Konstante

Aber Wolf ist ein Spieler, der seine Leistung zuverlässig abrufen kann – nicht immer auf höchstem Level gegen einen großen Gegner wie Kanada. Aber zuverlässig gegen die Leichtgewichte. Beim 2:1 gegen die Franzosen übernahm er Verantwortung und schoss das erste Tor für die Deutschen. Franz Reindl, Präsident des Deutschen Eishockey-Bundes hat vor der WM gesagt, dass er nicht möchte, „dass uns wieder der Michi Wolf mit einem Tor in der letzten Minute den Klassenerhalt sichert“. Inzwischen würde Reindl diese Aussage wohl zurücknehmen.

Für die Deutschen geht es bei der WM nur noch um den Klassenerhalt. Wolf die Mitschuld an der tristen Situation zu geben, wäre aber falsch. Er konnte vor vier Wochen nicht damit rechnen, dass er so viel Verantwortung würde tragen müssen. Fast 30 Spieler haben abgesagt für das Nationalteam, Wolf sagte bereits nach dem ersten WM-Spiel: „Viele Fehler passieren, weil die Mannschaft zu jung ist und manche Situation nicht richtig einschätzen kann.“ Nach dem 0:10 gegen Kanada wurde er noch deutlicher. „Es gab schon viele Absagen, das hilft nicht weiter.“

Offensichtlich sorgt er sich auch um das Gesamtbild seiner Sportart. Nach dem Sieg gegen Frankreich am Sonnabend sagte er, dass das Resultat auch „gut für die Medien“ und damit die Öffentlichkeit in der Heimat sei. Nach dem 0:10 gegen Kanada am Sonntag allerdings blieb ihm nur die Flucht in den schwarzen Humor. Nach seinem Statement zum Spiel verabschiedete er sich mit einem zur Situation passenden: „Dann wünsche ich noch einen schönen Abend.“

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