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Pat Cortina versucht, den Durchblick zu behalten.

© dpa

Eishockey-WM in Tschechien: Bundestrainer Pat Cortina: Verhaspelt in der Analyse

Vor dem WM-Vorrundenspiel gegen die Schweiz am Dienstag hat der Deutsche Eishockey-Bund bereits mit Nationaltrainer Pat Cortina abgeschlossen.

Pat Cortina ist ein großer, kräftiger Kerl. Gefühlsschwankungen sind dem Kanadier mit dem Vollbart und der prägnanten Brille selten anzusehen. Irgendwie sieht der Eishockey-Bundestrainer immer gleich aus. Egal, ob seine Spieler glücklich gewinnen wie am Sonnabend beim 2:1 im WM-Auftaktspiel gegen Frankreich, oder so desaströs verlieren wie am Sonntag. 0:10 bei einer Weltmeisterschaft gegen Kanada!? Cortina schien es nicht umzuhauen. Er wirkte gefestigt, bis er dann den Mund aufmachte. So wie seine Spieler im Spiel untergegangen waren, so verlor Cortina den Kampf gegen die Worte. Er verhaspelte sich in der Analyse der Geschehnisse, verlor sich in Nichtigkeiten. „Ich weiß es nicht“, war da wohl noch der ehrlichste Satz.

Cortina trifft eine Mitschuld an so einer Blamage wie am Sonntag, ehemalige Bundestrainer wie Hans Zach oder Uwe Krupp hätten in einer Drittelpause so eines Spiels schon die rechten Worte gefunden und an die kämpferischen Tugenden der Mannschaft appelliert, um wenigstens nicht völlig unterzugehen. Cortina aber sagte: „Warum hätte ich denn laut werden sollen, die Spieler wussten doch selbst, dass es so nicht ging.“ Stimmt, die Spieler waren verzweifelt. Verteidiger Justin Krueger sagte: „Wir waren zu langsam, die Pässe kamen nicht an und dann haben wir uns nach zwei, drei Gegentoren mental selbst zerstört.“

Die Verbandsspitze vermeidet die Nähe zum Trainer

Dieser Selbstzerstörung hätte der Trainer entgegenwirken müssen. Der Hinweis, die Kanadier physisch härter anzugehen, wäre kaum verkehrt gewesen. Die Deutschen kassierten nur eine Zwei-Minuten-Strafe, vor dem Tor zum 0:10 – Beleg für ihr körperloses Spiel. Aber dass Cortina kein Motivationskünstler ist, keiner, der einen engen Draht zu den deutschen Spielern hat, ist bekannt. Dabei gibt er sich Mühe. Vor der WM in Tschechien war der Bundestrainer durch Nordamerika getingelt, um mehrere dort engagierten deutsche Profis nach Prag zu holen. Einer kam, Angreifer Tobias Rieder. Auch mit anderen Spielern hatte Cortina kein Glück. Aus der Deutschen Eishockey-Liga kassierte er rund 20 Absagen und selbst Felix Schütz, in der russischen Profiliga KHL in seinem Klub vor einem Jahr noch Topscorer, hatte angeblich Besseres zu tun. Doch hier hätte auch der Deutsche Eishockey-Bund (DEB) um Präsident Franz Reindl stärker einwirken können. Reindl sagt zu den vielen Absagen nur: „Pat Cortina geht mit diesem Umstand sehr professionell um.“

Es ist in Prag offensichtlich, dass der Verband mit dem scheidenden Trainer abgeschlossen hat. Die Offiziellen betrachten das Geschehen weit entfernt von der Tribüne aus. Die Nähe zu Cortina sucht Reindl nicht mehr. Dabei wird sich die DEB-Führungsriege natürlich nach der WM Gedanken darüber machen müssen, was nach der erfolgreichen Zeit mit Uwe Krupp (Halbfinalteilnahme bei der WM 2010, Viertelfinalteilnahme WM 2011) in einem Jahr unter Jakob Kölliker als Bundestrainer und nun in drei Jahren unter Cortina alles schiefgelaufen ist. Warum ist die Unlust am Nationalteam so groß wie in keinem anderen deutschen Mannschaftssport? Liegt es allein daran, dass sich das Team wieder aus dem Kreis der besten acht Nationen verabschiedet hat?

Gegen die Schweiz ist Deutschland nur Außenseiter

In Prag jedenfalls ist das Erreichen des Viertelfinales unrealistisch, auch wenn Pat Cortina angesichts von noch fünf ausstehenden Gruppenspielen trotzig behauptet: „Wir sind inmitten einer Best-of-seven-Serie und da steht es 1:1.“ Und bald wohl 1:2. Wenn die Deutschen so weiterspielen wie gegen Kanada, folgt am Dienstag gegen die Schweiz (16.15 Uhr, Sport1) die nächste Niederlage. Mannschaftskapitän Michael Wolf sagte am Montag: „Unser Team ist nach dem Spiel gegen Kanada kleiner geworden, als es ohnehin schon war. Die Schweiz ist klarer Favorit.“

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