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Sport: Eiskalt oder frisch geduscht? - Euphorie und Warnungen nach Schumachers Sieg in Melbourne

Wie ein Erdbeben rollte eine Welle der Begeisterung durch Italien. Das Epizentrum des durch den Doppelsieg von Michael Schumacher und Rubens Barrichello ausgelösten Bebens lag in Maranello.

Wie ein Erdbeben rollte eine Welle der Begeisterung durch Italien. Das Epizentrum des durch den Doppelsieg von Michael Schumacher und Rubens Barrichello ausgelösten Bebens lag in Maranello. Dort wurden die wenigen, die das erste WM-Rennen der neuen Formel-1-Saison nicht live im Fernsehen verfolgt hatten, vom Festgeläut der Kirchenglocken und hupenden Autos aus dem Schlaf gerissen. Auf "Schumis" Auftaktsieg hatten zwar alle gehofft, einen "Doppelschlag" aber nicht einmal erträumt. "Dies ist ein wunderbarer Tag", jubelte Bürgermeister Giancarlo Bertacchini.

Euphorische Zeilen dichteten die für ihre Phantasie bekannten Zeitungen. "Die Zukunft ist rosig", schrieb die "Gazzetta dello Sport" am Montag und träumte bereits vom Titel: "Der Doppelsieg lässt schon an die WM denken." Der "Corriere della Sera" verglich den "eiskalt" fahrenden Schumacher gar mit einem "frisch geduschten Taxifahrer". Auch etwas neutralere Beobachter waren im Ferrari-Fieber: "Das rote Röhren", titelte die australische Zeitung "Herald Sun" in großen Lettern und versuchte sich in passender Sprache: "Bella, Ferrari". Unter diesem Eindruck hielt selbst Ferrari-Präsident Luca di Montezemolo ein Wort der Warnung für angebracht: "Vorsicht vor vorschnellem Enthusiasmus. Die McLaren werden stärker und schneller zurückkommen."

Eines fällt bereits auf: Diese spezielle Spannung zwischen den Top-Teams, die bisher immer erst kurz vor der eigentlichen WM-Entscheidung aufgekommen war, scheint diesmal schon von Saisonbeginn an präsent zu sein. Gegenseitige Verbalattacken verdeutlichen das: McLaren-Chef Ron Dennis deutete bereits seine Furcht davor an, mal wieder durch Fia-Entscheidungen benachteiligt zu werden, weil es im Interesse vieler liege, "dass nicht immer dieselben gewinnen". Und Michael Schumacher verbreitete eine Selbstsicherheit über die Stärke Ferraris und seiner selbst, die schon an Überheblichkeit grenzt. Und wenn er sich wirklich nicht über den Verlust der Poleposition geärgert haben sollte, weil er sich ja seines Sieges im Rennen ziemlich sicher war, dann zumindest darüber, dass er mit dem Platz in der zweiten Startreihe Ron Dennis wieder eine Chance gab, eine neue Spitze abzuschießen. Da konnte dieser nämlich noch tönen, sein Team habe es nicht nötig, der Welt ständig zu erzählen, wie toll man sei, man lasse Resultate sprechen.

Bei McLaren-Mercedes scheinen sich die Fahrer aus den Gefechten jenseits der Strecke weitgehend heraus zu halten. Wenn doch nicht, dann wird eher ein bisschen subtil gearbeitet. Etwa, wenn Mika Häkkinen noch vor Trainingsbeginn eine lange Denkpause und dreimaliges Nachfragen benötigt, ehe er sich dazu durchringen kann, Ferrari als - wahrscheinlichen - Hauptrivalen zu bezeichnen. Bei Ferrari dagegen bildet Michael Schumacher die Speerspitze der Attacken. Selten hörte man von ihm so optimistische Prognosen, selten ging er auf der Strecke von der ersten Sekunde an so aggresiv zu Werke. In jeder Trainingsminute bewegte er sich ständig am Limit. Sein spektakulärer Trainingsunfall war Beweis genug.

Ist die größte Gefahr für Schumacher er selbst? Sein Ehrgeiz, sich der ganzen Welt ständig beweisen zu müssen? In seinem Umfeld wird das befürchtet - wohl wissend, dass er das längst nicht mehr nötig hat.

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