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Bereit zu neuen Höhenflügen. Aljona Sawtschenko und Robin Szolkowy gehen erheblich entspannter an die Arbeit – Weltmeister wollen sie aber trotzdem werden.

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Eiskunstlauf: Sawtschenko/Szolkowy: Blicke durch die pinkfarbene Brille

Die Paarlauf-Weltmeister Aljona Sawtschenko und Robin Szolkowy sind gelassener geworden – ihre neue Kür ist der beste Beweis für den Wandel.

Berlin - Sie hat den Reißverschluss des Sweatshirts bis fast zum Kinn gezogen, es ist ja auch ziemlich kalt in der Eishalle des Sportforums Berlin-Hohenschönhausen. Das Sweatshirt ist pink, damit kann man natürlich schon mit der Symbolik spielen. Aber weil es so kalt ist, trägt sie überm Sweatshirt noch eine schwarze Jacke. Die Musik, die aus den Boxen der Halle dröhnt, ist „Pink Panther“, der Klassiker, der gute Laune macht. „Pink Panther“ haben sich Aljona Sawtschenko und Robin Szolkowy als Musik für ihre neue Kür herausgesucht. Zu „Pink Panther“ laufen sie jetzt in der eher düsteren Halle, sorgsam beobachtet von Preisrichtern.

Noten erscheinen nicht auf der Anzeigentafel, das Weltmeister-Paar aus Chemnitz präsentiert die neue Kür bloß beim Sichtungslaufen, dem Ritual zum Saisonstart. Die Juroren sollen mitteilen, was sie zu mäkeln haben. Stumm starren sie aufs Eis, dann gleiten Szolkowy und Sawtschenko wieder zur Bande und stapfen auf die Gummimatte.

Und während Sawtschenko auf Kufenschonern steht, sagt sie: „Wir wollten mal eine lustigere Musik, nicht immer so etwas Getragenes, Klassisches.“ Und damit ist man bei der nächsten Symbolik, der viel bedeutsameren. „Pink Panther“, die locker-flockige Melodie, sie steht auch für die neue Gelassenheit der Doppel-Weltmeister und ihres Trainers Ingo Steuer. „Die Grundstimmung ist positiv“, sagt Robin Szolkowy. „Dieser enorme Druck ist weg“, sagt Trainer Steuer.

Der Tunnelblick zur olympischen Goldmedaille, dieser Druck hatte das Chemnitzer Trio überfordert. Gold, nichts anderes als Gold durfte es sein in Vancouver, das hatten sie so intensiv verkündet, dass sie es wie ein Mantra verinnerlicht hatten. Es wurde Bronze, weil sie diesem Druck nicht standgehalten hatten. Bronze war die Summe vieler kleinerer Fehler. Oder wie es Sawtschenko fast niedlich sagte: „Viele kleine Mäuse sind zu einem Elefanten geworden. Aber einen Elefanten kann man nicht schnell wieder zu einer Maus machen.“ Sie lacht.

Dabei ist es der Schlüsselsatz für die Arbeit des Trios. „Dieses Tempo vom vergangenen olympischen Zyklus können wir nicht mehr machen. Das halten wir nicht mehr aus“, sagt Steuer. „Wir treffen uns heute, weil wir Spaß an der Arbeit haben.“ Auch Szolkowy musste ihn erst entdecken, diesen Spaß. „Ich sage jetzt nicht mehr, dass ich die 27 Jahre, in denen ich auf den Eis stehe, in Vancouver verbockt habe“, verkündet er. In Vancouver noch hätte er am liebsten geheult. „Mein Gefühl war: Wir haben versagt.“

Jetzt lassen sie erstmal die sportlich wenig bedeutende Nebelhorn-Trophy aus, das ist schon mal der erste Schritt. Stattdessen üben sie mit viel mehr Zeit und viel mehr Ruhe neue Elemente ein. „In der vergangenen Saison haben wir ja nichts Neues entwickelt“, sagt Sawtschenko, „wir haben nur unsere eigenen, zwei Jahre alten Elemente geklaut und etwas modifiziert.“

Details der neuen Elemente verschweigt die gebürtige Ukrainerin lieber, die Konkurrenz soll ja nicht alles wissen. Aber jetzt sei so viel neu, sagt sie. Die Elemente, die Musik, die Kostüme, viel moderner als bisher, und natürlich diese größere Gelassenheit auf dem Eis. Zum Kurzprogramm lassen sie jetzt ein russisches Volkslied spielen, „Korobuschka“ heißt es. Eine ungarische Gruppe interpretiert es, modern, schnell, gefällig.

Sawtschenko und Szolkowy haben es schon jahrelang gehört, aber sie mussten erst reif werden für dieses Lied, sie mussten Gelassenheit entwickeln, um dieses Lied annehmen zu können. Jetzt erst passt es zu ihrer Grundeinstellung. „Mir gefällt das neue Programm unglaublich gut“, sagt Sawtschenko.

Nur Szolkowy blickt ein paar Sekunden lang ein bisschen ernster als seine Partnerin. „Pink Panther“, damit hatte er im ersten Moment Probleme. Nicht wegen fehlender eigener Gelassenheit, es ging ums Prinzipielle. „Ich war mir nicht sicher, wie man eine doch eher lustige Musik optimal auf Eis bringt. Das ist ja doch etwas anderes als ruhigere Musik.“

Und so richtig, das gibt er zu, „habe ich das Gespür dafür noch nicht gefunden“. Andererseits, er muss ja auch nicht den Zirkusclown auf Kufen spielen, das weiß er selber. „Die Zuschauer sollen ja nicht auf dem Boden liegen und sich vor Lachen den Bauch halten.“

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