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Eislauf-Union: Ein Aufpasser für den Chef

Neue Vorwürfe gegen Sportdirektor Dönsdorf setzen die Eislauf-Union unter Druck: Zwei hohe Funktionäre von Landesverbänden fordern Aufklärung.

Berlin - Otto-Fleck-Schneise in Frankfurt am Main, ein unproblematischer Termin also. Dort sitzt der Deutsche Olympische Sportbund, lauter Funktionäre und Verwaltungsleute, kein einziger Eiskunstläufer. Udo Dönsdorf hatte dort vor kurzem einen Termin, der Sportdirektor der Deutschen Eislauf-Union (DEU) konnte dort allein auftauchen, unbesorgt.

Bei Treffen mit Eiskunstläufern ist das nicht mehr ganz so einfach. Dort soll mitunter eine Art Aufpasser neben Dönsdorf stehen. Das jedenfalls hat Dieter Hillebrand, der Präsident der DEU, angeregt. Dönsdorf steht unter Druck: Ein Berliner Eistänzer hatte erklärt, Dönsdorf habe ihn nachts in einem Hotelzimmer sexuell belästigt. Der Sportdirektor bestreitet das. Hillebrand hatte nun bei einer internen Sitzung führender Landesverbandsfunktionäre in Frankfurt am Main auf die Frage, wie man denn in Zukunft mit dem Sportchef umgehe, geantwortet: „Dann stellt man ihm bei Terminen eben jemand zur Seite.“ So erinnert sich ein Teilnehmer der Sitzung: „Darauf haben einige nur spöttisch gelacht.“

Lustig ist das nicht. Dönsdorf soll in Zukunft private Kontakte mit Sportlern möglichst vermeiden, das ist die Vorgabe des Verbands. Elke Treitz, die Vize-Präsidentin der DEU, sagt es formeller: „Herr Dönsdorf hat ein paar arbeitsrechtliche Verhaltensregeln bekommen.“ Uwe Harnos, der zweite DEU-Vizepräsident, sagt: „Wir erwarten, dass er das Private und Sportliche strikt trennt.“ Ansonsten aber ist für die DEU der Fall erledigt. Aus einem einfachen Grund: Dönsdorf habe als Privatperson gehandelt, deshalb sei die DEU unzuständig.

Aber möglicherweise gab es doch einen anderen Grund: dieAngst vor einer hohen Abfindung. Ein Teilnehmer der Sitzung in Frankfurt am Main sagt: „Herr Hillebrand hatte erklärt, dass man für Herrn Dönsdorf mehr als 100 000 Euro Abfindung zahlen müsse. Das habe ein Arbeitsrechtler erklärt. Und dieses Geld habe die DEU nicht.“ Harnos hatte dagegen gesagt: „Unsere Entscheidung hat nichts mit dem schnöden Mammon zu tun.“

Doch inzwischen hat sich der Preisrichter Jörn Lucas gemeldet. Er warf Dönsdorf vor, ihn vor 25 Jahren ebenfalls sexuell belästigt zu haben. Lucas war damals Eistänzer. Dönsdorf bestreitet die Vorwürfe über seinen Anwalt entschieden.

Für Frieder Dieck hat sich seit dem Fall Lucas „die Dynamik in dieser Diskussion verschärft“. Der Vizepräsident des größten Landesverbands der DEU, Nordrhein-Westfalen, „will jetzt, dass die ganze Sache aufgeklärt wird“. Wenn das alles „in Dortmund passiert wäre, dann wäre ich wie ein Stier nach München in die DEU-Zentrale gerannt“. Das Problem liegt für ihn bei der DEU-Führung. „Ich sehe dort keine Aufklärung. Da ist noch lange nichts erledigt.“ Und was heiße schon: Dönsdorf habe privat gehandelt? „Wenn das eine Dienstreise nach Berlin war, hat er keinen Sieben-Stunden-Arbeitstag. Dann ist er die ganze Zeit dienstlich im Einsatz.“

Dieck hat den Tagesspiegel-Artikel mit den Vorwürfen von Lucas an alle Landesverbandschefs verteilt. „Ich mache etwas“, sagt er. Der Funktionär denkt zum Beispiel an eine Außerordentliche Mitgliederversammlung: „Da kann man das Präsidium zur Aufklärung zwingen oder zu arbeitsrechtlichen Konsequenzen oder zum Rücktritt.“ Im Moment ist Dieck dabei, sich Rückhalt bei anderen Verbänden zu holen. Er will wissen, ob an den Vorwürfen gegen Dönsdorf etwas dran ist. „Wenn nicht, dann entschuldige ich mich bei ihm, wenn doch, ist er in seiner Position nicht mehr tragbar.“

Auch Frank Schwarz, der Präsident des Landesverbands Berlin, ist erbost über die Verbandsspitze. „Die gehen mit dem Ganzen um, als würden sie in der Molkerei einen Liter Milch holen.“ Dönsdorf hätte man entlassen müssen. „Der Fall Lucas zeigt mir, dass die Vorwürfe des Eistänzers gegen Herrn Dönsdorf wahr sind.“ Im Kampf um Aufklärung setzt er nun auch auf Karla Vogt-Röller. Die Berliner Anwältin vertritt den Eistänzer und liefert sich gerade ein juristisches Scharmützel mit der DEU. „Ich kann nur hoffen“, sagt Schwarz, und er betont diesen Satz nachdrücklich, „dass Frau Vogt-Röller genügend Druck macht.“

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