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Eisschnelllauf: "Einfach Gold holen – und alles ist gut."

Nach Silber will Stephanie Beckert nun den Sieg im Eisschnelllauf-Team – gemeinsam mit Anni Friesinger, die von Trainer Markus Eicher doch noch für die Mannschaft nominiert wurde.

Diesmal war Patrick Beckert in Richmond pünktlich zur Stelle. Zwar saß der 19-jährige Schüler, der am Dienstag nach der kurzfristigen Absage des Italieners Fabris die Chance auf einen zweiten Olympia-Einsatz verbummelt hatte, weil er mit abgeschaltetem Handy sein Frühstücksei aß, im olympischen Oval nur auf der Tribüne. Dort aber wurde er immerhin Augenzeuge, wie seine Schwester Stephanie nach Platz zwei über 3000 Meter bereits ihr zweites Silber bei diesen Winterspielen abstaubte. Nur die dürre Tschechin Martina Sablikova war über 5000 Meter schneller als die Erfurterin, die ihren Bruder nach dem Rennen dankbar grüßte: „Er hat mir auf der Tribüne die Daumen gedrückt, ich konnte seine Energie spüren.“

An Energie mangelt es Familie Beckert, in der von den Eltern bis hin zu den sechs Kindern alle begeistert sind vom Eisschnelllauf oder es zumindest waren, ohnehin nicht. Aber gerade die 21-jährige Stephanie hat den Ruf, besonders hart mit sich selbst zu sein. „Sie trainiert unglaublich“, erzählte Bruder Patrick, während Bundestrainer Markus Eicher der Siegerin Sablikova, die bereits ihre dritte Medaille holte, für die Zukunft prophylaktisch etwas Angst machte. „Wenn Stephanie im direkten Duell gegen Sablikova gelaufen wäre“, sagte der 55-Jährige, „hätte sie gewonnen.“

Friesinger läuft im Teamvvettbewerb

Lief sie aber nicht – die Chance auf einen Olympiasieg bei ihren ersten Winterspielen besteht für die Sportsoldatin aber immer noch. Zumindest theoretisch. In der Team-Konkurrenz, die heute beginnt und am Samstag entschieden wird. Stephanie Beckert ist als bislang einzige Medaillengewinnerin der Deutschen Eisschnelllauf-Gemeinschaft neben der Sprinterin Jenny Wolf für diesen Wettbewerb gesetzt. Ebenso wie ihre Trainingspartnerin Daniela Anschütz-Thoms, der das Pech auch über 5000 Meter wieder an den Schlittschuhen klebte. Sagenhafte 15 Mal war die 35-Jährige bei Großveranstaltungen schon Vierte geworden, am Mittwoch erhöhte sie ihre ganz spezielle Rekordmarke auf 16. Winziger Trost: Auf Bronze, das die Kanadierin Clara Hughes umgehängt bekam, fehlten diesmal mit knapp drei Sekunden Rückstand deutlich mehr als die drei Hundertstel, die sie zehn Tage zuvor über 3000 Meter von der ersten olympischen Einzelmedaille getrennt hatten.

Im Teamwettbewerb hat Anschütz-Thoms sogar schon Olympia-Gold gewonnen, bei der Premiere 2006. Von der damaligen Besetzung ist neben der Erfurterin allein die noch Anni Friesinger-Postma übrig. Und nach einem plötzlichen Meinungswandel von Bundestrainer Eicher, früher über viele Jahre Friesinger-Postmas Trainer, werden beide Frauen gemeinsam an den Start gehen. Anfang der Woche hatte Eicher beim Gedanken an einen Team-Start seiner einstigen Schülerin noch Bedenken geäußert. Nun wird Eicher sie doch brauchen, weil die Berlinerin Katrin Mattscherodt außer Form ist. Die 28-Jährige trat beim Rennen über 5000 Meter gleich in der zweiten Kurve auf eine Bahnbegrenzung und wurde disqualifiziert. Ihre Unkonzentriertheit hat offenbar mit dem Wetter zu tun. „Sie reagiert immer auf Wetterumschwünge, deshalb fühlte sie sich nicht gut“, sagte Eicher. Nach einer Woche Sonnenschein regnet es in der Olympia-Stadt seit Dienstag wieder – und so besserte sich zumindest bei Friesinger-Postma die Laune: Fröhlich bejubelte sie Beckerts zweite Silbermedaille, wohl wissend, was der Bundestrainer kurz darauf in Sachen Team-Wettbewerb sagen würde: „Die Tendenz geht jetzt klar zur Anni.“

Der Druck auf Deutschlands Eisschnelllauf-Frauen wird hoch sein, bei diesen Spielen haben sie noch keine Goldmedaille geholt – das war zuletzt vor 34 Jahren in Innsbruck passiert. Trainer Eicher gibt sich zumindest nach außen gelassen: „Einfach Gold holen am Samstag – und alles ist gut.“

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