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Claudia Pechstein will ihre Unschuld beweisen.

© dpa

Eisschnelllaufen: Claudia Pechstein fordert Gerechtigkeit

Der Schadenersatzprozess von Eisschnellläuferin Claudia Pechstein wird die Zukunft der Sportgerichtsbarkeit wesentlich beeinflussen. Doch für die fünffache Olympiasiegerin geht es noch um viel mehr.

Für Claudia Pechstein geht es nicht nur um viel Geld. In der Berufungsverhandlung vor dem Oberlandesgericht München wird am Donnerstag auch über die Zukunft der Sportgerichtsbarkeit entschieden. „Ich wünsche mir nichts mehr, als dass mein Fall erstmals wirklich gründlich untersucht wird und meine Klage nicht aus formellen Gründen abgewiesen wird“, erklärte die fünfmalige Eisschnelllauf-Olympiasiegerin der Nachrichtenagentur dpa.

Die Berlinerin war vom Eislauf-Weltverband ISU 2009 wegen erhöhter Blutwerte für zwei Jahre gesperrt worden. Pechstein fühlte sich ungerecht behandelt, um zwei Jahre ihrer Karriere betrogen und verklagte die ISU auf rund 3,5 Millionen Euro Schadensersatz.

In der ersten Instanz war die 42-Jährige vor dem Landgericht mit ihrer Forderung gescheitert, hatte aber ein Beben in der Sportwelt ausgelöst. Das Gericht bewertete die Athletenvereinbarung grundsätzlich als unwirksam: Damit stünde Sportlern künftig der Weg frei, neben Sport- auch Zivilgerichte anzurufen.

„Wir sehen einen Widerspruch darin, dass uns in erster Instanz bestätigt wird, dass eine erzwungene Schiedsvereinbarung unwirksam ist und uns auf der anderen Seite aber vorgeworfen wird, dass wir uns auf ein Verfahren mit der Sportgerichtsbarkeit in der Schweiz überhaupt eingelassen hätten. Es wäre doch damals sinnlos gewesen, die Unzuständigkeit des CAS zu rügen“, argumentierte ihr Anwalt Thomas Summerer, nachdem ihr Einspruch auch vom CAS abgelehnt wurde. Der ISU-Rechtsbeistand Dirk-Reiner Martens wollte sich vor dem Prozess nicht äußern.

Hörmann zeigt Verständnis für Pechstein

Nach dpa-Informationen geht der Weltverband davon aus, dass nur technisch-juristische Fragen auf der Agenda stehen und vor Gericht nicht über die Blutwerte von Pechstein verhandelt wird. Die Argumentation des Verbandes soll wie in erster Instanz darauf beruhen, dass ein deutsches Zivilgericht gar nicht für den Fall zuständig ist und ein Athlet zudem nicht per Unterschrift die Zuständigkeit des Sportgerichtshofes (CAS) anerkennen und nach einer Niederlage behaupten kann, sie habe keine Wirksamkeit.

Die Pechstein-Seite hofft unterdessen, dass die Unzulässigkeit des Schiedszwangs nicht mehr ins Wanken gerät. „Ich bin zuversichtlich, dass dieses Verdikt hält. Es geht in Zukunft um Rechtssicherheit: Wir haben lange dafür gekämpft, und es gibt sehr überzeugende Gründe dafür, dass ein Sportler bei Bedrohung seiner Existenz frei entscheiden können muss, ob er vor ein Sport- oder ein Zivilgericht zieht“, meinte Summerer. Diplomatisch äußerte sich Alfons Hörmann, der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes DOSB. „Wir haben Verständnis, dass Claudia Pechstein den ihr zur Verfügung stehenden Rechtsweg ausschöpft, werden aber auch weiterhin keine laufenden Prozesse kommentieren“, sagte er der dpa.

Summerer: "Hohe Kosten für Sportler"

Zuletzt hatte Pechstein Rückenwind vom DOSB verspürt, der nicht nur eine Expertenkommission einsetzte, um ihre Causa noch einmal medizinisch aufzuarbeiten. Der Dachverband wandte sich auch mit fünf Vorschlägen an die Adresse des CAS zu dessen Reformierung. „Der CAS ist teilweise eine Geheim-Justiz, er tagt hinter verschlossenen Türen, oftmals nicht in der Landessprache des betroffenen Athleten. Es entstehen hohe Kosten für die Sportler, die sich häufig Schweizer Anwälte leisten müssen“, resümierte Summerer. „Und es besteht keine Möglichkeit, bei neuen Beweisen gegen ein Fehlurteil des CAS vorzugehen. Insofern formuliert der DOSB Dinge, die aufdecken, dass es viele Defizite im CAS gibt. Es ist eben kein echtes Schiedsgericht“, behauptete der Münchner Anwalt.

Pechstein kündigte unterdessen an, dass sie - unabhängig von finanziellen Belastungen - bis zur letzten Instanz gehen werde. „Ich habe immer gesagt, dass ich mein letztes Hemd geben werde, um Gerechtigkeit zu erfahren.“ In den Wochen vor der Verhandlung habe sie versucht, alles so gut wie möglich auszublenden. „Aber umso näher der Termin rückt, desto mehr wühlt mich das alles wieder auf“, erklärte sie und betonte einmal mehr: „Ich habe niemals gedopt, meine Blutwerte sind mir von meinem Vater vererbt worden. Es ist an der Zeit, dass dies endlich mal von einem Gericht bestätigt wird.“ (dpa)

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