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Sport: Elf Momente müsst ihr sein

Verschwörungen in Dortmund, Durststrecken in Fürth und Schweigen in den Fußballstadien. Elf Geschichten, die die Hinrunde der Saison 2012/13 prägten und widerspiegeln.

TRÄGHEITSMOMENT

18. August, Berlin. Für Hoffenheim war es die Mutter aller Niederlagen: In der ersten DFB-Pokalrunde verlor die TSG mit 0:4 beim Viertligisten Berliner AK. Markus Babbel hatte sich seinen Besuch in Berlin anders vorgestellt. Genauso wie Zugang Tim Wiese, der doch endlich „wieder Champions League spielen“ wollte.

KÜRZESTER KACK-MOMENT

31. August, Mainz: Ein Spiel dauert 90 Minuten und ein Interview manchmal nur 19 Sekunden. Nach dem 0:1 gegen Fürth, durch eine abgefälschte Bogenlampe, fragte Fieldreporter Martin Quast Mainz’ Torwart Christian Wetklo, ob er jemals so ein Osterei kassiert habe. Wetklo, firm im christlichen Kalender, merkte sofort, das sich der Interviewer nicht gut vorbereitet hattte – Ostereier gibt es schließlich imFrühling. Wetklo erzielte auf der nach unten offenen Klaus-Kinski-Skala einen beachtlichen Wert von 0,9. „Stell’ vernünftige Fragen oder wir brechen die Kacke ab hier“, wetterte Wetklo. „Dann brechen wir die Kacke direkt ab“, antwortete Quast, „danke!“

WIEDERKEHRENDER MOMENT

31. August, Hamburg: Eine Geschichte voller Klischees: Rafael van der Vaart, der verlorene Sohn, kehrt zurück. Großgeworden in einer holländischen Wohnwagensiedlung, fand der Spielmacher in Hamburg so etwas wie eine zweite Heimat. Doch schon 2009 wollte er wieder weg. Seine Tore in Hamburg wurden fortan mit dem Song „Hit the Road, Jack“ (Hau ab, Jack) untermalt. Van der Vaart ging und zog durch Europa, der HSV erkundete den Tabellenkeller. Beide erkannten, was sie aneinander hatten. „Mit der Rückkehr nach Hamburg geht für mich und meine Familie ein Traum in Erfüllung“, sagte van der Vaart. Der HSV glaubte wieder an eine bessere sportliche Zukunft. Einen passenden Song, ganz klischeehaft, gibt es auch: Caravan of love.

SCHRECKMOMENT

16. Oktober, Berlin: WM-Qualifikation im Olympiastadion: „Bet’, Kindchen, bet’. Morgen kommt der Schwed’“, warnten vor rund 400 Jahren noch deutsche Mütter ihre Kinder während des Dreißigjährigen Krieges. Mit der Zeit wurde aus den gefürchteten Skandinaviern ein beliebter Möbel- und Punktelieferant. Bis Ibrahimovic und Co. aus einem 0:4 noch ein 4:4 machten. Der Möbellieferant hatte alle Dübel mitgenommen.

GEH-MOMENT

25. Oktober, Wolfsburg: Am Ende waren alle Flaschen komplett leer. Felix Magath, sportlicher Geschäftsführer und Trainer in Wolfsburg wurde entlassen, nachdem seine Mannschaft den schlechtesten Saisonstart der Vereinsgeschichte hingelegt hatte. Besonders unbeliebt machte sich Magath nach dem 0:3 bei Bayern München, als er die Getränke rationierte und die Flaschen einfach vor seinen Spielen ausschüttete. Magaths ehemaliger Spieler Hans Sarpei stichelte auf Twitter gegen seinen Trainer aus Schalker Zeiten: „6,5 Mio Gehalt x Vertragslaufzeit bis 2015 : 0,25 je Flasche. Gerüchten zufolge kostet die Abfindung 78 Mio. Pfandflaschen.“

RETARDIERENDES MOMENT

27. Oktober, Fürth: Wenn im Drama der Höhepunkt hinausgezögert werden soll, sorgt dieses Moment für andauernde Spannung. Acht Spieltage warteten die Fürther vergeblich, bis Edu kam und zum ersten Heimtor für Greuther Fürth in der Bundesliga traf. Das Spiel gegen Bremen endete 1:1 und die Saison scheint insgesamt eher eine Tragödie als eine Komödie zu werden, ohne Fortsetzung.

SCHWÄCHEMOMENT

28. Oktober, München: Der FC Bayern kann sich nur selbst besiegen. Und die Münchner wollten dies unbedingt gegen Leverkusen beweisen. Zuletzt hatten die Bayerkreuzritter im Oktober 1989 im Bajuwarenland triumphiert. Diesmal schoss Philipp Lahm über die Bande Stefan Kießling das 0:1. Beim 1:2 lief es umgekehrt: Sidney Sam wollte den Ball ins Seitenaus köpfen, doch unterwegs traf der Ball noch auf Jerome Boateng – und dieser ins eigene Tor. Es wirkte wie das fliegende Suizidkommando der judäischen Volksfront im Film „Das Leben des Brian“. „Jetzt haben wir es ihnen gezeigt“, heißt auf bayrisch „Mia san mia.“

ERFOLGSMOMENT

6. Dezember, ganz Europa: Das gab es noch nie – alle deutschen Teams in der Champions League überstanden die Gruppenphase als Tabellenerster: Die Bayern stolperten sich über Borissow erst so richtig in Fahrt, die Dortmunder spielten nun mit, statt nur noch zu staunen wie in den Jahren zuvor. Und die Schalker waren irgendwie auch ganz vorne mit dabei. Der deutsche Fußball ist wieder das Maß aller Dinge in Europa. Abwarten. Es könnte sich lediglich um ein altes Syndrom handeln: An den Pools europäischer Hotels legt der Deutsche auch stets als Erster sein hegemoniales Handtuch aus. Doch manchmal kommt dann noch ein Engländer oder ein reicher Russe und fegt das Handtuch einfach weg. Mal sehen, wie viele Handtücher im Mai zum Finale in London liegen.

STREITMOMENT

8. Dezember, Dortmund: Es musste eine Verschwörung sein! Als Schiedsrichter Wolfgang Stark Dortmunds Verteidiger Marcel Schmelzer Rot wegen angeblichen Handspiels auf der Torlinie gab, fühlten sich viele Borussen bestätigt: der Stark hat uns ja immer schon verpfiffen. Sie ereiferten sich, als sei der runde Borsigplatz in Schalker Kreisel umbenannt worden. Im Spiel machte Schiedsrichter Stark eine schwache Figur, danach gab er seinen Fehler zu – Schmelzer wurde nicht gesperrt. Und der Borsigplatz heißt auch noch so.

NICHT-ÜBERRASCHUNGSMOMENT

9. Dezember, Mönchengladbach: Er trifft, und trifft und trifft und trifft, ein Tor schöner als das andere. Doch ein Tor des Monats hat Gladbachs Juan Arango dabei noch nicht erzielt. Keiner hat so oft so spektakulär getroffen, aber immer war einer dabei, der noch spektakulärer war. Im Dezember hat er mit seinem 40-Meter-Tor gute Karten – von Ibrahimovic hat man schon länger nichts gesehen. Nur Arangos Kollegen lässt das alles kalt. „Im Training schießt er auch dauernd solche Dinger“, sagt Verteidiger Tony Jantschke.

STILLER MOMENT

12. Dezember, Deutschland: Die Fans schwiegen, 12 Minuten und Sekunden lang, zu Beginn der Bundesligaspiele in den vergangenen Wochen. Sie protestierten gegen das umstrittene Sicherheitspapier der DFL und beeindruckten in ihrer Geschlossenheit, auch die Spieler. Peter Neururer, Feuerwehrmann a. D., will sogar beobachtet haben, dass die Spieler in den ersten zwölf Minuten und Sekunden schlechter gespielt hätten.

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