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Del Piero

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EM-ENTSCHEIDER Gruppe C: Italien: Alessandro Del Piero

Wir stellen bis zum EM-Beginn täglich die entscheidenden Spieler vor. Heute Folge 10: Alessandro Del Piero.

Im Herbst wird Alessandro Del Piero 34 Jahre alt. Aber wenn er über den Rasen huscht, die schwarzen Locken im Wind, den Ball eng am Fuß – sieht er dann nicht immer noch aus wie damals, 1993, als er mit 18 aus Padua zu Juventus Turin kam?

Seit 15 Jahren ist Alessandro Del Piero der Sonnenschein der Serie A. Juves Ehrenpräsident Giovanni Agnelli hat ihn mal „Pintoricchio“ genannt. Pintoricchio war der Gehilfe des großen Perugino, dem er bei den Fresken in der Sixtinischen Kapelle zur Hand ging, künstlerisch vielleicht noch begabter als der Meister. So erging es 500 Jahre später auch dem jungen Del Piero im Schatten des großen Roberto Baggio. Fantasievoll, kreativ, aber doch immer dem Chef zu Diensten.

Der Spitzname ist geblieben, aber den Schatten Baggios hat er längst hinter sich gelassen. Rechtzeitig zur EM ist er so gut wie vielleicht noch nie geworden. Vor zwei Wochen wurde Del Piero zum ersten Mal Torschützenkönig in Italien. Seinen 21 Toren verdankt Turin die Teilnahme an der Qualifikation für die Champions League. Und dieses großartige Comeback kommt gerade einmal zwei Jahre nach dem Zwangsabstieg in die Serie B, den Del Piero auch mitgemacht hatte. Mit der bemerkenswerten Begründung: „Ein Gentleman verlässt seine Dame nicht.“

Alessandro Del Piero ist ein Charakterspieler. Einer, dem sich seine Mitspieler bereitwillig unterordnen, weil sie spüren: Da ist einer, der viel verlangt, aber noch mehr gibt. Der sich nicht zu fein ist für unangenehme Aufgaben wie den Gang mit Juve in die Zweite Liga. Die halbe Nationalmannschaft hat sich in den vergangenen Monaten für Del Pieros Rückkehr eingesetzt. Hat ohnehin keiner verstanden, warum Nationaltrainer Roberto Donadoni den ebenso kreativen wie effizienten Del Piero zur EM schon aussortiert hatte.

Es heißt, der in der Heimat misstrauisch beäugte Trainer habe ihn disziplinieren wollen, als Läufer im linken Mittelfeld, aber da war sein Talent verschenkt. Seine Gabe, komplizierteste Bewegungsabläufe ganz selbstverständlich aussehen zu lassen. Seine Ruhe vor dem Tor, das Gefühl dafür, vor dem Abschluss nie den berühmten Haken zu viel zu schlagen. Und, selbstverständlich, seine Hoheit rund um die linke Hälfte des Strafraums, die sie in Italien „Zona Del Piero“ nennen. Wie viele Freistöße hat er von hier schon in den Winkel gezirkelt, wie viele torvorbereitende Flanken geschlagen.

Donadoni hat lange gezögert, aber mit jedem Tor, mit jeder Glanzleistung Del Pieros ist der Druck gewachsen. Nach dem letzten Spiel, Del Piero hatte beim 3:3 gegen Genua mal wieder zwei Tore erzielt, gab er nach. Was blieb ihm auch übrig? Irgendjemand muss Luca Toni im Sturm entlasten. Francesco Totti ist aus der Nationalelf zurückgetreten, Alberto Gilardino außer Form und Filippo Inzaghi nicht frisch genug. Alessandro Del Piero aber ist bereit.

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