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Dellas

© Fotot: AFP

EM-ENTSCHEIDER Gruppe D: Griechenland: Traianos Dellas

Hier stellen wir bis zum EM-Beginn täglich die entscheidenden Spieler vor. Heute Folge 13: Traianos Dellas, Griechenland.

Die griechischen Fußballfans feiern den Sieg ihrer Mannschaft bei der Europameisterschaft 2004 bis heute als Wunder von Lissabon. Es war ein denkbar irdisches Wunder. Das griechische Erfolgsgeheimnis war ja nicht gerade der mitreißende Offensivstil, sondern die Kunst, in den K.-o.-Spielen gegen die offensivstarken Franzosen, Tschechen und Portugiesen kein einziges Gegentor zuzulassen. Und das, obwohl Torhüter Antonios Nikopolidis mit dem Prädikat „mittelmäßig“ noch wohlwollend bedacht war. Die griechische Defensive ließ Torchancen erst gar nicht zu, vorne half irgendwann der liebe Gott und einmal auch Traianos Dellas. Der Dirigent des griechischen Abwehrwunders erzielte im Halbfinale gegen Tschechien das einzige Silver Goal der Fußballgeschichte. Sein Kopfballtor in der ersten Halbzeit der Verlängerung definierte das Ende eben dieser Halbzeit zum Ende des Spiels. Da schon die Nachspielzeit lief, pfiff der Schiedsrichter erst gar nicht mehr an.

Die EM in Portugal war ein Fest des Angriffsfußballs, aber den Unterschied machten am Ende die griechischen Defensivqualitäten. Sie bündelten sich in Traianos Dellas. Der 1,96-Meter-Hüne war eine viel bestaunte Attraktion, weil er als Abwehrchef noch den klassischen Libero spielte, wie ihn auf internationaler Bühne zuletzt Lothar Matthäus beim missratenen deutschen Auftritt während der Europameisterschaft 2000 gegeben hatte. Doch modern ist, wer Erfolg hat, und der Erfolg gab Griechenlands Trainer Otto Rehhagel recht.

Andere Trainer widmeten Dellas weitaus geringere Wertschätzung. Beim AS Rom wurde er von Trainer Fabio Capello ignoriert, er war oft verletzt, kehrte nach Athen zurück, und es war lange Zeit fraglich, ob er rechtzeitig zur EM in Österreich und der Schweiz fit werden würde. Jetzt ist er wieder da, nicht mehr als Libero, sondern als zentrales Glied einer Viererkette. Die Lust an Ausflügen in die gegnerischen Strafräume ist Dellas bis heute erhalten geblieben. Im letzten Testspiel am Sonntag gegen Armenien lief er bei jedem Freistoß und jedem Eckball nach vorn. Und immer noch ist er der Mann, der den Unterschied machen soll. „Es ist ja bekannt, dass wir nicht gerade Tore am Fließband schießen“, sagt Otto Rehhagel, umso wichtiger sei, dass die Abwehr halte.

Otto Rehhagel nennt Dellas mal „Koloss von Rhodos“ obwohl der doch weit weg aus Thessaloniki kommt. Oder „standfeste Eiche“, was den wiederum falschen Eindruck erweckt, Dellas sei ein hüftsteifer Rammbock mit begrenzten technischen Fähigkeiten. Dabei kann Dellas sehr gut mit dem Ball umgehen, er verfügt über eine hervorragende Spielübersicht und wirkt trotz seiner großen Übersetzung beinahe leichtfüßig. Und fast immer sucht er in der Spieleröffnung den Pass in die Tiefe, wenn möglich mit dem ersten Kontakt.

Mit 32 Jahren hat Traianos Dellas sein Spiel der Moderne angepasst. Auch wenn seine Interpretation des Innenverteidigers dem Spiel des freien Mannes noch sehr nahe kommt. Dellas ist die zentrale, die ruhende Komponente im Defensivverband, sein Frankfurter Nebenmann Sotirios Kyrgiakos flitzt wie ein Ausputzer um ihn herum. Zu viel Moderne soll es auch nicht sein.

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