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Sport: Ende einer Ära

Heike Drechsler wird bei der EM nur Fünfte im Weitsprung, Dieter Baumann meldet sich mit Silber zurück

Von Jörg Wenig

München. Fünf Stunden vor dem 10 000-m-Finale kamen die ersten Fans ins Münchner Olympiastadion zu den Europameisterschaften. Über die Schulter gelegt, trugen sie ein Transparent, das alles sagt: „Dieter Baumann". Der 5000-m-Olympiasieger von 1992, der mit seiner Zahnpasta-Dopingaffäre das Lager der deutschen Leichtathleten in zwei Hälften gespaltet hatte, wusste gestern rund 40 000 Fans hinter sich. Und er enttäuschte sie nicht. Im Gegenteil. Das Stadion tobte, als Dieter Baumann sich auf den letzten Metern ein packendes Sprintduell mit den beiden Spaniern Jose Rios und Jose Manuel Martinez lieferte. Einen überholte er, doch Martinez erreichte er nicht mehr ganz.

Dieter Baumann gewann mit nur 22 Hundertstelsekunden Rückstand in 27:47,65 Minuten wie schon vor vier Jahren bei der EM in Budapest die Silbermedaille. Im Regen feierte der 37-jährige Tübinger ein großes Comeback bei einer großen Meisterschaft, nachdem seine zweijährige Dopingsperre im Februar abgelaufen war. „Man kann einem Menschen viel wegnehmen, zum Beispiel Stolz und Ehre. Bei mir war es auch das Laufen“, sagte Baumann. Druck habe er vor dem Rennen jedoch nicht verspürt. „Ich musste niemandem mehr etwas beweisen – weder meinen Kritikern noch meinen Freunden. Ich laufe, weil es mir Spaß macht und aus Überzeugung.“

Heike Drechsler macht das Weitspringen auch noch Spaß, doch für eine Medaille reichte es gestern nicht. Zum ersten Mal seit 1982 heißt die Weitsprung-Europameisterin nicht Heike Drechsler. 1986 hatte die inzwischen 37-Jährige zum ersten Mal diesen Titel gewonnen und anschließend dreimal verteidigt. Gestern reichte es nicht zum fünften Gold, sondern nur zum fünften Platz mit 6,64 m. „Es war nicht mein Tag. Allerdings hatte ich auch noch nie solche Bedingungen“, sagte Heike Drechsler bezüglich der kühlen Temperaturen und des erneut einsetzenden Regens. Mit 6,85 m wurde mit Tatjana Kotowa (Russland) die Favoritin auch Europameisterin. Diese Weite ist identisch mit der Saisonbestleistung von Heike Drechsler, für die theoretisch sogar mehr möglich gewesen wäre. „Leider war mein bester Versuch ungültig“, sagte Heike Drechsler. Aufhören will sie noch nicht. Nun freut sie sich schon auf die WM 2003 in Paris.

Mit guten Titel- beziehungsweise Medaillenchancen waren zuvor Ingo Schultz (Dortmund) und Grit Breuer (Magdeburg) in die heutigen 400-m-Finals gelaufen. Während Schultz Zweiter in 45,49 Sekunden war, gewann Grit Breuer ihr Halbfinale und lief mit 50,98 zum ersten Mal in dieser Saison unter 51 Sekunden. An die Titelverteidigung glaubt Grit Breuer jedoch nicht – und das ist realistisch. Denn zu stark war im ersten Halbfinallauf die Russin Olesja Schikina mit 50,47 Sekunden. „Schikina hat noch mehr drauf, aber ich hoffe, dass es für mich für eine Medaille reicht“, sagte die 30-Jährige.

Ein anderer Titelverteidiger lief gestern weit hinterher. Im Vorlauf über 3000 m Hindernis wurde Damian Kallabis Vorletzter in schwachen 8:51,39 Minuten. Die deutschen Zehnkämpfer erfüllten hingegen am ersten Tag die Erwartungen. Sebastian Knabe aus Halle/Saale war zur Halbzeit mit 4186 Punkten Achter, Mike Maczey aus Kiel mit 4117 Zählern Zehnter. Knabe sagte: „Morgen muss ich angreifen.“

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