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Sport: Ende eines Mythos

Trainer Tichonow scheitert mit den Russen bei der Eishockey-WM

Prag war immer ein besonderer Ort für Wiktor Tichonow. 1978 hatte der damalige Staatstrainer in der tschechischen Hauptstadt seinen ersten Weltmeistertitel mit der sowjetischen EishockeyNationalmannschaft geholt. 26 Jahre später ist Tichonow nicht mehr Staatstrainer, sondern nur noch russischer Nationaltrainer, und Prag wird er mit seiner Mannschaft bei dieser WM auch nicht mehr sehen. Nach dem 0:4 am Montag gegen Finnland wird die Finalrunde ohne die Russen ablaufen. Tichonow hat es nur bis zur Zwischenrunde in der Provinzstadt Ostrava geschafft.

Es ist nicht einmal die schlimmste Demütigung für den einstigen Rekord-Weltmeister. Schon vor vier Jahren bei der WM in St. Petersburg hatten sich die Russen mit Platz elf vor dem eigenen Publikum blamiert. Das Desaster von Tschechien steht für das Ende des Mythos Tichonow, des Mannes, vor dessen Drill einst die besten Eishockeyspieler der Welt wie Krutow, Fetisow und Larionow gezittert hatten. In den vergangenen Jahren hatte er als Vereinstrainer von ZSKA Moskau über die Misserfolge seiner Nachfolger im Nationalteam gelästert. Doch auch bei ZSKA ließen die Erfolge auf sich warten. Tichonow wurde entlassen und schaffte es mit einer letzten Kraftanstrengung, sich in einer Kampfabstimmung im russischen Verband als Nationaltrainer durchzusetzen. Jetzt ist seine Zeit endgültig vorbei. Es sei nicht mehr wie früher, lamentierte der 74-Jährige, „die Mannschaften spielen heute härter und schneller, so wie früher nur in der NHL. Und sie haben keine Angst mehr vor uns.“

Mit den jungen Millionären aus der NHL hat Tichonow sich stets schwer getan. Mit Alexej Jaschin (New York Islanders), Ilia Kowaltschuk (Atlanta), Dimitri Kalinin (Buffalo) und Alexej Morosow (Pittsburgh) standen nur vier NHL-Spieler im russischen Kader. Doch auch die Spieler aus der russischen Liga nehmen ihren Trainer nicht mehr ernst, das offenbart ein Vorfall aus dem Trainingscamp. Kurz vor der WM wurde Sergej Zinowijew aus Kasan positiv auf Marihuana getestet und nach Hause geschickt. Eine milde Strafe. Zu sowjetischen Zeiten hätte der Mann, noch dazu unter Tichonow, in seinem Leben nie wieder einen Fuß aufs Eis setzen dürfen. Tsp

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