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Happy Birthday. Björn Höhne wurde am Dienstag 21 Jahre alt. Er empfand den Sieg als verspätetes Geschenk seines Teams. Foto: nordphoto

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Sport: Ende eines Mythos

Erstmals seit neun Jahren könnten die Volleys einen Finaleinzug von Friedrichshafen verhindern.

Friedrichshafen/Berlin - Stelian Moculescu stand einfach bloß da, so unaufgeregt, als hätte er gerade einem Auto beim Einparken zugesehen. „Man kann nicht immer gewinnen. Berlin hat verdient gewonnen“, sagte er dann. Natürlich war er enttäuscht, aber so wie er redete, klang er fast lakonisch. „Damit hat sich’s schon. Da brauche ich keine lange Analyse.“ Es war wirklich Moculescu, so kennt man ihn gar nicht. Normalerweise ist er bei Niederlagen erheblich emotionaler.

Schwer zu sagen, ob der Trainer des Volleyball-Bundesligisten VfB Friedrichshafen wirklich nur abgeklärt eine letztlich absehbare Niederlage kommentierte oder ob die lakonischen Sätze einfach Ausdruck einer leichten Form der Schockstarre waren. Sicher, statistisch gesehen hatte es bloß eine Niederlage für Moculescus Team gegeben. 1:3 (25:27, 16:25, 25:18, 22:25) hatten die Schwaben im dritten Play-off-Halbfinale gegen die BR Volleys verloren. Psychologisch gesehen hatte der Sieg der Volleys die Wirkung eines Donnerschlags. Oder, wie es Volleys-Manager Kaweh Niroomand ausdrückte: „Wir haben unsere Jungfräulichkeit abgelegt. Der Mythos von der Unbesiegbarkeit des VfB Friedrichshafen ist damit weg.“

Er ist zumindest stark angekratzt. Schon der 3:2-Sieg in der Schmeling-Halle vergangenen Sonntag hatte das Selbstbewusstsein der Berliner enorm gesteigert, aber dieser Sieg in der ZF-Arena, der hat eine ganz neue Dimension. Zum letzten Mal war den Berlinern, damals noch als SC Charlottenburg, am 10. Februar 2007 ein Sieg in Friedrichshafen gelungen. Die Übergröße ist auf Normalmaß geschrumpft, damit haben sich für die Berliner neue Perspektiven eröffnet. Jetzt müssen sie sich nicht mehr einreden, dass sie auf Augenhöhe gegen die Schwaben spielen, jetzt leben sie im Gefühl, dass es tatsächlich so ist.

Und der VfB kann nicht mehr sicher sein, dass er diesen Gegner allein schon durch seine Ausstrahlung einschüchtern kann. Moculescus Spruch vor dem Spiel, gegen die Volleys müssten seine Spieler nicht mal 100 Prozent Leistung bringen, um zu gewinnen, sie müssten nur konzentriert bei der Sache sein, der hörte sich ja schon nach einer gewissen Arroganz an.

„Meine Spieler waren voller Selbstbewusstsein“, sagte Volleys-Trainer Mark Lebedew. „Ich habe es im Abschlusstraining gemerkt, in der Art, wie wir Video geschaut haben, in der Art, wie sie aufgetreten sind.“ Noch ein Sieg am Sonntag (16 Uhr, Schmeling-Halle), und die Volleys stehen im Finale.

Vom Ende des ersten Satzes an spielten sich die Gäste zeitweise in einen Rausch, und dabei saß der noch leicht angeschlagene Diagonalangreifer Paul Carroll sogar noch nahezu die ganze Zeit auf der Bank. „Man sieht, wie stark die Gruppe reagiert“, sagte Lebedew, „die Wechsel haben uns nicht aus dem Rhythmus gebracht.“ Die Volleys mussten die verletzten Ricardo Galandi und Scott Touzinsky ersetzen. Ob beide am Sonntag spielen können, entscheidet sich erst kurz vor dem Spiel. Felix Fischer und Roko Sikiric kamen aufs Feld, und sie überzeugten sofort. Mittelblocker Fischer erzielte insgesamt 16 Punkte. „Das ist für einen Mittelblocker eine hervorragende Quote“, sagte Niroomand.

Der Volleys-Auftritt hinterließ bei Friedrichshafen deutlich Wirkung. Die meisten VfB-Spieler hatten ihre aggressive Körpersprache verloren, und Moculescu beobachtete sein Team oft mehr ungläubig als wütend und zog sich zeitweise sogar resigniert auf seinen Stuhl zurück. Wann hat man den Serienmeister Friedrichshafen zuletzt so verzagt gesehen?

Irgendwann versuchte sich Moculescu dann doch noch ansatzweise an einer Analyse. „Vielleicht war es das. Vielleicht ist da schon ein Knacks reingekommen“, sagte der Meistertrainer über den ersten Satz, den der VfB lange beherrscht hatte. Aber den Ball, der zum Satzgewinn führte, den verwandelten die Volleys.

Nur ein VfB-Spieler zeigte sich nach Abpfiff hochemotional: Publikumsliebling Idi. „Wie wir uns hier präsentiert haben, war dieses Trikots nicht würdig. Bei uns kann nicht jeder sagen, dass er 100 Prozent gegeben hat. So können wir nicht verlieren“, tobte der Brasilianer.

Es ist neun Jahre her, dass für den VfB letztmals im Halbfinale Endstation war. Am Sonntag könnte es das nächste Mal sein. „Der Ball liegt auf dem Elfmeterpunkt“, sagte Niroomand. „Jetzt müssen wir ihn allerdings noch verwandeln.“

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