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Sport: Ende eines Zweckbündnisses

Karsten Doneck über den alten, neuen Konflikt beim 1. FC Union Eine Freundschaft wurde nie daraus.

Karsten Doneck über den alten,

neuen Konflikt beim 1. FC Union

Eine Freundschaft wurde nie daraus. Auch nicht in einem dreieinhalbjährigen Zusammensein. Es war eher ein Zweckbündnis, zusammengehalten durch gemeinsame Erfolge. Ein Bündnis ohne das große Hauen und Stechen, aber mit kleinen Pieksereien. Georgi Wassilew, der Noch-Trainer des 1. FC Union, hat sein Verhältnis zu Vereinspräsident Heiner Bertram gestern noch mal viel sagend skizziert. „Wir sind keine Feinde“, sagte er, „wir sind Leute, die sich anerkennen, wir haben verschiedene Mentalitäten, verschiedene Ideen für einen Verein, der aus der Tiefe des deutschen Fußballs gekommen ist. Wenn ich sage, alles sei gut, wäre das zu pauschal.“

Nichts ist gut. Bei Union bestimmt Heiner Bertram den Gang des Handelns. Allein. Sein Wort ist Gesetz im Verein. Wenn der Präsident eine solche Autorität verkörpert, hat das den Vorteil, dass unproduktive, schier endlose Diskussionen zumeist verhindert werden. Aber unter einer starken Autorität können sich kreative, innovative Geister nicht in dem Maße entwickeln, wie das vielleicht wünschenswert wäre. Auch Georgi Wassilew war bei Union stets Untertan, der Gehorchende. Ihm wurde nach dem ersten Saisonspiel gegen Mainz (0:2) schon mal von höherer Stelle des Klubs nahe gelegt, mehr die Neuen einzusetzen. Oder als es zuvor um Spielerneuverpflichtungen ging, musste er unter sanftem Druck dafür begeistert werden, einen Stürmer wie Steffen Baumgart zu nehmen (der sich im Übrigen dann doch als Volltreffer erwies).

Der Präsident: Er regiert, er handelt, er entwickelt Ideen. Der Präsident: Er ist einfach omnipräsent. Der Trainer ist nur ein kleines Licht dagegen. Nur einmal, ein einziges Mal, hat sich das Gesetz des Handelns ganz, ganz kurz verändert: Bisher war Wassilew immer den Vorgaben des Präsidiums ausgeliefert, gestern hat er den Spieß umgedreht. Indem der Trainer einfach Heiner Bertram vor vollendete Tatsachen stellte. Die Ankündigung, dass er seinen Vertrag von sich aus nicht über den 30. Juni 2003 hinaus verlängern werde, diese Mitteilung, gemacht auf einer ganz normalen Pressekonferenz am Tag vor einem Fußballspiel, brachte den sonst doch weit über den Dingen stehenden Präsidenten kurzzeitig aus der Fassung.

Bertram muss sich nun fragen lassen, ob er dem Trainer, der sich beim Anhang des 1. FC Union großer Beliebtheit erfreut, über den monatlichen Gehaltsscheck hinaus auch die nötige Zuwendung hat zukommen lassen. Ein Trainer braucht von seinem Arbeitgeber nun gewiss keine Liebesbriefe, aber ihm einen Brief zu schicken mit einer Abmahnung wegen eines geringfügigen Verstoßes gegen die Kleiderordnung, wie geschehen, ist äußerst bedenklich. Wie sagte doch Georgi Wassilew? „Wir sind keine Feinde.“ Als Nicht-Feinde, aber weit davon entfernt, Freunde zu sein, werden sie sich trennen. Nach dreieinhalb Jahren oder nach vier, aber nun keinesfalls mehr, wie es lange möglich schien, nach fünf oder sechs Jahren.

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