zum Hauptinhalt
Bissig. Kevin-Prince Boateng (rechts) und Frankfurt scheren sich nicht um Ästhetik.

© dpa

Endspiel in Berlin: Was im Pokalfinale für die Eintracht spricht

Eintracht Frankfurt steht im Ruf, ein bisschen härter hinzulangen. Im Pokalfinale gegen Bayern München könnte das die richtige Strategie sein.

Wann das mit den Tretern losging? Wahrscheinlich im Dezember 2016. Beim Spiel gegen Hoffenheim, der Vierte gegen den Fünften, ein 0:0 mit Hauen, Stechen, sieben Gelben und einer Roten Karte. Hoffenheims Trainer Julian Nagelsmann hatte der Eintracht „Methode“ unterstellt: nicht Fußball spielen, sondern zerstören. Frankfurts Trainer Niko Kovac wies das erst vehement zurück und interpretierte das Spiel seiner Elf vielmehr als den Fußball ehrlicher Arbeit. Als sich die Vorwürfe hartnäckig häuften, bezeichnete er seine eigene Mannschaft später doch noch als die „Tretertruppe Nummer eins in Deutschland“, und man wusste nicht recht, ob das nun halbironisch oder doch ernst gemeint war. Seitdem hält sich der Ruf der Tretertruppe.

Die Eintracht ist abgeschlagen Letzter in der Fairplaytabelle der Liga. Und ein gewisses Maß an Zweikampfhärte könnte auch gegen den FC Bayern ein Mittel sein, wenn es um den DFB-Pokal geht.

In der abgelaufenen Saison hat die Eintracht 72 Gelbe Karten bei 363 Fouls kassiert. Mehr Regelverstöße (544) hat bei weniger Karten nur der Tabellenzweite Schalke begangen. Was zeigt, dass nicht unbedingt immer attraktiver Fußball erfolgreich ist. Die Eintracht hätte mit ihrem rustikalen Stil beinahe die Champions League erreicht. Erst im Saisonfinale verspielte sie das internationale Geschäft, wohl auch durch die Unruhen rund um Kovacs Wechsel zu den Bayern.

In der Vorsaison war die rabiate Herangehensweise oft auch Zeichen von Schwäche – Unbedachtheit und mangelnde Disziplin führten zu sechs Platzverweisen. Mittlerweile ist sie eine echte Stärke, eine Strategie des Teams um Kevin-Prince Boateng, sich Respekt zu verschaffen. Als klares Signal: bis hierhin und nicht weiter. Das zeigt Wirkung beim Gegner – vor allem bei Fußballästheten wie denen vom FC Bayern, die mit dem Kopf womöglich schon bei der WM sind und auf dem Weg dorthin Verletzungen vermeiden wollen. So deutete Routinier Marco Russ in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vor dem Spiel eine „härtere Gangart“ an. „Gut verteidigen steht auf unserem Plan ganz vorn“, sagte er. „Wir wollen eklig sein und ihnen die Freude nehmen.“

Eintracht Frankfurt steht für ein klares Konzept

Ungemütlichkeit ist nicht das Einzige, was die Eintracht unter ihrem Trainer nunmehr zum zweiten Mal in Serie ins Finale führte – und, nebenbei gesagt, auch Niko Kovac einen Vertrag bei den bayrischen Schönspielern einbrachte. Ja, die Eintracht steht nicht für Spektakel, sondern eher für ein klares Konzept und eben ein bisschen Gerumpel. Für „Leidenschaft, Engagement und Ehrgeiz“, wie Jupp Heynckes als Trainer des Gegners voller Anerkennung formuliert. In seinen gut zwei Frankfurter Jahren hat Kovac aus einem Abstiegskandidaten, der sich 2016 erst in der Relegation rettete, einen Kandidaten für Europa gemacht. Das vergessen viele, die ihn wegen seines Wechsels nach München auspfeifen. Die Eintracht hat Kovac viel zu verdanken. Und kann die gemeinsame Zeit nun mit einem Erfolg versöhnlich abschließen.

Ein entscheidender Faktor dürfte auch Lukas Hradecky sein. Der Torhüter hat auf dem Weg von Erndtebrück über Schweinfurt, Heidenheim, Mainz und Gelsenkirchen ins Finale von Berlin nur ein Gegentor hinnehmen müssen. Auch für ihn wird es das letzte Spiel im Trikot der Hessen. Der Finne kam als Nachfolger von Kevin Trapp, machte sich einen Namen und hat nach drei Jahren seinen Vertrag nicht verlängert. Er geht wohl nach Leverkusen. „Es macht mich stolz, dass ich zum Abschied noch etwas Großartiges erreichen kann“, sagte Hradecky der „Frankfurter Neuen Presse“. Wenn dann noch die Konter sitzen, könnte es klappen mit der Sensation. Es wäre der fünfte Pokalerfolg für die Eintracht. Der Balkon am Frankfurter Römer ist schon reserviert.

Zur Startseite