zum Hauptinhalt

Sport: Energie Cottbus: Lohnende Osterweiterung

Der Ball lag noch unberührt im Anstoßkreis, als der Fußballspieler Achim Weber bereits verloren hatte. Der Stürmer des VfL Bochum hatte in der Fernsehsendung "Energie-TV" gesagt: "Spielerisch ist uns Cottbus unterlegen - wenn der Schiedsrichter neutral pfeift, was bei Energie Cottbus selten der Fall ist.

Der Ball lag noch unberührt im Anstoßkreis, als der Fußballspieler Achim Weber bereits verloren hatte. Der Stürmer des VfL Bochum hatte in der Fernsehsendung "Energie-TV" gesagt: "Spielerisch ist uns Cottbus unterlegen - wenn der Schiedsrichter neutral pfeift, was bei Energie Cottbus selten der Fall ist." Eigentlich keine dramatische Aussage, zumal im Regionalsender Ostdeutscher Rundfunk Brandenburg (ORB) gemacht. Was aber Weber nicht ahnen konnte: Die Sendung wird im Stadion der Freundschaft stets vor Spielbeginn auf einer 20 Quadratmeter großen Videoleinwand wiederholt. 14 835 zumeist Cottbuser Fans hörten und sahen den Bochumer den Satz von der spielerischen Unterlegenheit sprechen. Fortan pfiffen sie, was die Finger hergaben, wenn Weber in die Nähe des Balles kam. Als sich der Buhmann des Abends noch eine Gelbe Karte einhandelte, steigerten sich die Energie-Fans zu "Weber-raus"-Rufen. Ein paar Minuten später beugte sich Bochums Trainer Ralf Zumdick dem Volkswillen. Kein schöner Abend für Achim Weber.

Und ein wunderschöner für Vasile Miriuta. Der Rumäne widerlegte beim 2:0 (2:0) von Energie Cottbus im Abstiegsduell der Ersten Fußball-Bundesliga gegen den VfL Bochum eindeutig die Webersche These. Erst hatte Miriuta den Treffer von Toni Micevski mit einem eindrucksvollen Pass vorbereitet, beim zweiten Treffer hob der Spielgestalter nach zwei ansehnlichen Doppelpässen (darunter ein Hackentrick des Brasilianers Franklin Bitencourt) den Ball gleich selbst ins Tor.

"Die ganze Mannschaft hat gut gespielt", kommentierte der Rumäne den dritten Cottbuser Sieg. Doch Manager Klaus Stabach und Präsident Dieter Krein wussten schon, wen sie nach dem Schlusspfiff in die Arme zu schließen hatten: den Spieler mit den kürzesten Haaren. "Es war eine schwere Zeit für mich", sagte Miriuta. Gemeint sind die vergangenen vier Wochen, in denen der kahlköpfige Ballkünstler eine Rotsperre absitzen musste. Mit vier Treffern ist Miriuta nun auch bester Torschütze bei den Cottbusern. Trainer Eduard Geyer lobte: "Mit seinem Überblick und seinen Pässen kann ihm keiner das Wasser reichen."

Ansonsten aber hielt sich die Freude beim gestrengen Fußball-Lehrer in Grenzen. "Entscheidend ist, dass wir gegen einen Abstiegskandidaten die drei Punkte zu Hause behalten haben", sagte Geyer, "aber die Mannschaft hat ihre Nervosität nie abgelegt." Auch dass der Aufsteiger mindestens bis Sonntag die Abstiegsränge verlassen hat, konnte den Trainer nur wenig begeistern. "Was ist schon ein Tag, wir müssen weiter Punkte sammeln." Verteidiger Christian Beeck hatte schon die nächsten Taten im Blick: "Wir brauchen noch 30 Punkte".

Während jedoch Bochum mit drei Niederlagen in Serie in die Krise rutscht, zeichnet sich in Cottbus ein gegenläufiger Trend ab. Die Mannschaft findet im Stadion der Freundschaft zur Heimstärke des letzten Jahres zurück. "Zu Hause sind wir leidenschaftlicher und mutiger", beobachtete Geyer. Das gilt auch für den Trainer. In Miriuta und Toni Micevski stellte der Coach erstmals zwei offensive Mittelfeldspieler auf. Der Erfolg gibt ihm recht. Nun muss sich der Aufsteiger auch auswärts stabilisieren und beispielsweise nach dem Pokalspiel in Ulm auch am Sonnabend in Wolfsburg punkten.

Mit der Aufstellung gegen Bochum hat sich Geyer womöglich einen Platz in den Fußball-Geschichtsbüchern gesichert. Erstmals bot er in Mannschaftskapitän Christian Beeck nur einen deutschen Fußballspieler auf. Später wechselte er noch Stürmer Sebastian Helbig ein. Ein Brasilianer, ein Mazedonier, ein Albaner, zwei Kroaten, zwei Bosnier, zwei Rumänen und drei Ungarn hievten Energie gemeinschaftlich aus den Abstiegsrängen. Osterweiterung kann sich lohnen.

Jedenfalls eher, als provozierende Worte vor Spielbeginn. Zum Thema Achim Weber wurde Geyer ganz lyrisch. "Wer vorher viel spricht, gewinnt meistens nicht", dichtete der 56-Jährige. Vielleicht gab der Trainer deshalb nur noch zwei Interviews. Und war dann ruhig.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false