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Southamptons Adam Lallana (Mitte) spielte schon gegen Chile.

© Reuters

England vor dem Deutschland-Spiel: Die neuen Heiligen aus Southampton

Weil der FC Southampton im Gegensatz zu den meisten anderen Premier-League-Klubs auf einheimische Spieler setzt, ist er zur Talentquelle des Nationalteams geworden. In Englands Kader für das Deutschlandspiel stehen gleich drei Spieler des Tabellendritten.

Vor vier Jahren verpflichtete der FC Southampton einen Stürmer namens Rickie Lambert. Der Klub war gerade in die dritte englische Liga abgestiegen, und Lambert war ein adäquater Einkauf. Er war billig und hatte Erfahrung in den unteren Spielklassen. Als Debütant schoss er sofort ein Tor und wurde schnell zum Helden bei den „Saints“, den Heiligen. Mit ihm stieg Southampton danach zweimal in drei Jahren auf.

Lambert galt als ein klassischer Drittligaspieler. Als 15-Jähriger wurde er vom FC Liverpool entlassen und musste in seiner frühen Profikarriere Geld dazuverdienen, indem er am Fließband die Deckel auf Rote-Beete-Dosen pfropfte. Nun, mit schon 31 Jahren, ist er doch noch in der Premier League angekommen – und in Englands Nationalmannschaft.

Lamberts wundersame Geschichte ist eng verknüpft mit dem wundersamen Aufstieg des FC Southampton. „Southampton hat mein ganzes Leben verändert“, sagt er. Im Gegensatz zu den meisten englischen Klubs setzt der Verein an der südlichen Küste Englands größtenteils auf junge britische Talente. 2005 hat die Jugendmannschaft das Finale des „FA Youth Cup“ verloren. Unter den enttäuschten Spielern an diesem Tag waren ein gewisser Theo Walcott und ein gewisser Gareth Bale. Das war nur der Anfang. Inzwischen hat sich Southampton als die größte Talentquelle im englischen Fußball etabliert.

Nur 32 Prozent der Spieler in der Premier League sind Engländer, was längst als größtes Problem des Nationaltrainers gilt. Es ist also kein Wunder, dass Roy Hodgson für das heutige Spiel gegen Deutschland gleich drei Spieler aus Southampton in den Kader berufen hat. Da ist Jay Rodriguez, der den verletzten Danny Welbeck auf Linksaußen ersetzen soll. Dann Adam Lallana, der auch in jenem Finale mit Bale und Walcott spielte. Und natürlich Rickie Lambert, der seit seinem Debüttor gegen Schottland im August auch bei den Englandfans zum Publikumsliebling geworden ist. Auch in den Jugendnationalteams spielen viele Talente aus Southampton. Calum Chambers beeindruckt bei der U19, während James Ward-Prowse und Luke Shaw Stammspieler in der U21 sind. Alle drei spielen bei Southampton in der ersten Mannschaft. „Man muss Southampton zur überragenden Nachwuchsarbeit gratulieren“, sagt Nationaltrainer Hodgson.

„Als ich erstmals angekommen bin, sprach (der Klubchef) Nicola Cortese immer vom Nachwuchssystem“, sagte Lambert letzte Woche. „Die meisten Klubs suchen in Europa nach Talenten, und das ist schade. Unter Cortese kriegen junge britische Spieler Selbstvertrauen und die Möglichkeit, zu spielen.“ Wegen Entscheidungen wie der Entlassung des Doppelaufstiegstrainers Nigel Adkins ist Nicola Cortese zwar nicht immer unumstritten gewesen. Mit ihm ist Southampton aber nicht nur wieder in die erste Liga aufgestiegen, der Klub ist unter dem neuen Trainer Mauricio Pochettino derzeit sogar Tabellendritter.

Southamptons Modell, das eigentlich schon Corteses Vorgänger Rupert Lowe eingeführt hat, sieht so aus: Aus der Nachwuchsakademie verkauft man die Allerbesten wie Bale, Walcott und Arsenals Alex Oxlade-Chamberlain, behält aber die Spätentwickler. Spieler wie Adam Lallana eben, die sich konstant weiterentwickeln, aber niemals für 100 Millionen Euro verkauft werden könnten. Lallana ist nun 25 und ist der Einzige, der seit 2005 immer dabei ist. Bei seinem Debüt im Nationalteam am letzten Freitag gegen Chile war er einer von wenigen Englandspielern mit starker Leistung.

Southampton hat Fußballengland gezeigt, dass ein Klub auch mit Engländern erfolgreich sein kann. Oder wie es Rickie Lambert sagt: „Southampton ist ein Vorbild für die ganze Liga.“Kit Holden

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