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Sport: Entkrampft

Nach Wochen der Torlosigkeit findet Mainz durch das 5:0 über Freiburg altes Selbstbewusstsein wieder

Das Flutlicht hatte der Hausmeister schon lange ausgeknipst. Im VIP-Raum des Mainzer Bruchwegstadions wurde schon gekehrt, die letzten freudetrunkenen 05er Edelfans schlurften nach Hause, während auf den Fernsehern schon die Tagesschau mit dem Wetter lief. Die Party schien vorbei oder zumindest in die umliegenden Kneipen verlagert. Nur einer war noch da. Trainer Jürgen Klopp spazierte wohl gelaunt mit einigen Freunden zum Parkplatz. Sein Lachen war nicht aufdringlich laut zu hören, aber selbst in der Dunkelheit konnte man es deutlich sehen. Er scherzte mit seinen Kumpels und klopfte ihnen immer wieder erleichtert auf die Schultern.

Stunden nach dem „so unendlich wichtigen“ 5:0-Sieg seiner Mainzer gegen den SC Freiburg schien der Ballast von 433 torlosen Minuten und neun sieglosen Spielen in Folge von ihm zu fallen. Wahrscheinlich liegen die Steinbrocken jetzt noch irgendwo im Bruchweg herum. Auch wenn sich Jürgen Klopp in den Momenten der Niederlage immer optimistisch gab, so war es doch schwer am Rande des Erträglichen für den Fußballlehrer, dass seine Jungs verkrampft, ängstlich und ohne Spielfreude Wochenende für Wochenende zu Werke gegangen sind.

Jetzt glauben wieder alle daran, die Rolle spielen zu können, die man sich vor der Saison gewünscht hatte: die des frechen, aber erfolgreichen Außenseiters. Deshalb wirkte jedes Tor am Samstag wie eine Rehabilitation. Als Erstes durfte der starke Fabian Gerber ran. Mit einem Sonntagsschuss erlöste er die Mainzer vom Trauma der Torlosigkeit. Und plötzlich lief das Bällchen wieder. Manuel Friedrich, seit 2070 Minuten im Dauereinsatz beim FSV und aus der Innenverteidigung nicht mehr wegzudenken, spielte sich mit Christoph Babatz im Doppelpass locker den Ball zu und lochte ein. Kurze Zeit später stand Babatz selbst im Mittelpunkt des Geschehens: Er verwandelte den ersten Elfmeter in der jungen Mainzer Bundesligageschichte. In Hälfte zwei versöhnte sich Antonio da Silva mit Trainer und Publikum. Dem Techniker ist zuletzt auf dem schlechten Geläuf in Mainz nicht viel geglückt, und er wurde auch zu Beginn gegen Freiburg mit Pfiffen bedacht. Doch nach seinem Tor zum 4:0 sprintete er zum Coach, und man musste schon Angst haben, dass Klopp aus der Umklammerung nicht wieder lebendig herauskommen würde.

Aber nicht nur die Tore waren Wiedergutmachung, sondern auch die, die verhindert wurden. Keeper Dimo Wache parierte einige Male glänzend, was ihm zuletzt nicht häufig gelang. Klopps Freude war nach dem Sieg deutlich zu spüren, aber aus Respekt vor dem Gegner blieb er zurückhaltend: „Es ist noch nichts entschieden, aber wir haben mit diesem Sieg vieles glatt gebügelt.“ Im Abstiegskampf haben die Mainzer ordentlich Boden gutgemacht. „Wir haben die Chance genutzt, in einem Spiel sechs Punkte zu holen“, rechnete Klopp sich den Sieg noch ein bisschen schöner.

Nun müssen die Mainzer nach Bremen, und anschließend ist Schalke 04 zu Gast. Das Wichtigste ist für Klopp aber, dass seine Spieler wieder an sich und ihre Stärken glauben. Und beflügelt vom Erfolg wird der Coach poetisch: „Selbstvertrauen ist das zarteste Pflänzchen in der Botanik.“Am Samstag haben sie es in Mainz mal wieder gehegt und gepflegt. Mal sehen, ob es noch wächst.

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