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Abgang. Hannes Wolf erlebte am Samstag sein letztes Spiel als VfB-Trainer.

© dpa

Entlassung von Trainer Hannes Wolf: Der VfB Stuttgart ist wieder normal – und langweilig

Nach sieben Niederlagen in acht Spielen kommt die Entlassung von Hannes Wolf beim VfB Stuttgart nicht überraschend. Doch der Schein trügt. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Martin Einsiedler

Als Hannes Wolf vor wenigen Tagen bei einem TV-Auftritt sagte, dass er früher öfter mit seinen Eltern telefoniert habe und nun eben viel mehr mit den Medien und dem ganzen Drumherum sprechen würde, wollte man dem jungen Trainer des Fußball-Bundesligisten VfB Stuttgart am liebsten auf die Schulter klopfen und sagen: „Ach, wird schon Junge.“

Zumindest vor diesem Hintergrund muss einem der 36-Jährige nun nicht leid tun. Wolf hat jetzt wieder mehr Zeit für seine Eltern. Der VfB gab am Sonntagmorgen die Trennung von dem Trainer bekannt. Nach sieben Niederlagen aus den vergangenen acht Spielen und der daraus resultierenden Gewissheit, dass der Klub auch in dieser Saison wieder gegen den Abstieg spielen muss.

Die Bilanz liest sich so, als käme die Trennung nicht überraschend. Trotzdem ist das Gegenteil der Fall: Hannes Wolf hat einen exzellenten Ruf in der Branche, er gilt als einer der talentiertesten Trainer hierzulande und schaffte mit dem VfB die Rückkehr in die Bundesliga. Angeblich hat Wolf selbst signalisiert, dass er sich die Wende zum Besseren nicht mehr zutraue. Oder hat er nur die nötige Rückendeckung vermisst? Dann hätte der VfB mit dieser Entlassung eine große Torheit begangen hat.

Nach dem Aufstieg war die Euphorie so groß wie lange nicht

Als Wolf im Herbst 2016 aus Dortmund verpflichtet wurde, war beim VfB Stuttgart ein spannendes Experiment in Gange, für das der damalige Manager Jan Schindelmeiser verantwortlich war. Im Wesentlichen zeichnete es sich dadurch aus, dass es sich gegen die klassischen Funktionsweisen des Fußballgeschäfts richtete. Anstelle des zweitligaerprobten Jos Luhukay wurde in Wolf ein Neuling im Profifußball auf die Bank gesetzt. Ihm wurden viele Spieler zur Verfügung gestellt, die entweder noch Teenager waren oder gerade die 20 überschritten hatten. Der VfB stieg trotzdem auf, die Euphorie war groß wie lange nicht mehr.

Es ist nie richtig nach außen gedrungen, was eine Umkehr von dem eingeschlagenen Weg verursachte. Angeblich soll Schindelmeiser sehr eigenwillig und forsch Pläne entworfen und durchgesetzt haben. Sicher ist nur: Den Entscheidern beim VfB war die Abkehr vom Etablierten irgendwann zu viel. Schindelmeiser wurde durch Michael Reschke ersetzt.

Der Mann hat bei großen Klubs wie Bayer Leverkusen oder Bayern München gearbeitet. Viel stärker kann man kaum verortet sein im Fußballgeschäft als Reschke. Zum VfB wechselten nun nicht mehr nur Teenager, sondern gestandene Profis wie Andreas Beck, Dennis Aogo oder Mario Gomez. Mit der Entlassung von Wolf hat der VfB endgültig wieder die Abzweigung in Richtung etabliertes Fußballgeschäft genommen. Das ist schade. Der VfB ist wieder normaler geworden, aber ganz sicher auch langweiliger.

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