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Sport: Er bezahlt seine Operation selbst und wehrt sich gegen das Image des Abzockers

Josip Simunic wirkt vorsichtig. Beinahe verschüchtert.

Josip Simunic wirkt vorsichtig. Beinahe verschüchtert. Dafür gibt es Gründe. Trotz seiner gerade 21 Jahre hat der australische Kroate mit der Figur eines Basketballers schon sehr unangenehme Erfahrungen machen müssen. Am eigenen Leibe bekam er zu spüren, wie sich Dinge um einen Fußballprofi zu einer Geschichte verdichten können, die am Ende nicht mehr nachvollziehbar ist.

Der 15. Dezember 1999 ist der Tag, an dem sich vieles schlagartig ändern soll in seinem Leben. An diesem Tag erzählt er Holger Hieronymus, dem Sportdirektor des Bundesligisten Hamburger SV, dass er zum Saisonende nach Berlin zu Hertha BSC wechseln wird. Ablösefrei. Und das, obwohl sein ehemaliger Berater Jürgen Milewski eine Vertragsverlängerung beim HSV um zwei weitere Jahre unterschriftsreif vorbereitet hat. Der Konflikt nimmt seinen Lauf. Der HSV fühlt sich übervorteilt, und Trainer Frank Pagelsdorf will den jungen Burschen auf dem Trainingsplatz "nicht mehr sehen".

Simunic ist in Canberra geboren und Sohn kroatischer Einwanderer. "Meine Eltern gingen vor 26 Jahren nach Australien, sie wollten in einem freien System leben", erzählt Simunic. Im Elternhaus wird bis heute Kroatisch gesprochen. Er ist stolz "auf meine Abstammung, auf das Blut, das mich durchfließt". Am linken Mittelfinger trägt er Siegelring mit dem Wappen Kroatiens. "Ein Geschenk meiner Eltern", sagt Simunic, "aber ich fühle wie ein Australier."

Kürzlich hat er eine Einladung für die australische Nationalmannschaft erhalten. Simunic besitzt beide Pässe. "Ich würde gern spielen, wenn ich fit bin. Denn das ist keine Endscheidung des Herzens, sondern eine des Verstandes." Er kennt die Geschichten, die in der Zeit des Jahreswechsels über ihn geschrieben wurden: Simunic, der Abzocker. "Ich verstehe nicht, wie die Menschen darauf gekommen sind. Zwei Jahre lang hat mir von denen keiner auch nur eine Frage gestellt. Jetzt wollen sie meine Wahrheit wissen." Jedenfalls war die Situation beim HSV plötzlich sehr verkrampft. "Ich hatte vor zwei Monaten mit dem HSV gesprochen und gemerkt, dass mein Standing nicht so gut ist. Ich war lange verletzt und habe wenig gespielt. Ich habe es daher für besser gehalten, den Verein zu wechseln."

Mittlerweile hatte sein neuer Berater, der Australier Miro Gladovic, einen Kontakt zu den Berliner hergestellt. Die waren bereits vor zweieinhalb Jahren an Simunic interessiert waren, wie Manager Dieter Hoeneß bestätigt. "Ich kannte von Deutschland nur den Frankfurter Flughafen und war dann für sieben Tage in Hamburg. Ich habe mich da wohl gefühlt und deswegen den Vertrag unterschrieben", erzählt Simunic.

Seine Karriere als Fußballer hatte er in Canberra begonnen. Drei Jahre lang hat Josip Simunic ein Sportgymnasium besucht und dort auch das Abitur abgelegt. Eigentlich wollte er Architekt werden. "Aber dann habe ich gemerkt, dass es vielleicht keine schlechte Idee ist, Fußballprofi zu werden." Simunic spielte für eineinhalb Jahre für die Melbourne Knights und wurde als defensiver Mittelfeldspieler einmal Australischer Meister. Dann kam der Hamburger SV.

Noch in Melbourne hatte Simunic sich einen komplizierten Mittelfußbruch zugezogen. In Hamburg kam er nur auf sieben Bundesligakurzeinsätze. Im Mai des vergangenen Jahres wurde er dann in Australien operiert. "Mir wurde ein sechs Zentimeter langer Metallstift eingesetzt. Jetzt habe ich damit keine Probleme mehr", erzählt Simunic. Die Operation hat er selbst bezahlt. "Mir geht es nicht ums Geld. Meine Eltern besitzen genug. Ich will hier einfach nur gesund werden, gesund bleiben und einen Neuanfang finden." Aus diesem Grund habe Hertha BSC Simunic frühzeitig aus seinem Vertrag heraus gekauft. Für 350 000 Mark. "Eigentlich beginnt sein neuer Vertrag am 1. Juli des Jahres", sagt Hoeneß. "Bis dahin wird er deutliche finanzielle Kürzungen hinnehmen." Simunic selbst war auf die Idee gekommen, auf einen Teil seines Gehaltes zu verzichten. Ungewöhnlich für einem, dem der Ruf eines Abzockers vorauseilt.

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