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Sport: Er spielt, er spielt nicht, er spielt …

Marcelinho könnte gegen Werder Bremen nun wohl doch in der Startformation von Hertha BSC stehen

Berlin - Herthas Mittelfeldspieler Marcelinho hat eine besondere Beziehung zum SV Werder Bremen. Vor einem Jahr hat er seiner Mannschaft mit dem einzigen Tor des Spiels einen schönen Auswärtssieg beschert, und wiederum ein Jahr davor hat Marcelinho gegen Bremen einen wichtigen Treffer vorbereitet. Nach einer Viertelstunde setzte er mit einem präzisen Pass aus dem Mittelfeld die gesamte Abwehr außer Gefecht. Der Stürmer musste den Ball dank der selbstlosen Vorarbeit nur noch am Torwart vorbeischieben. Mit diesem Tor zum 1:0 war der Bann gebrochen, am Ende hieß es sogar 4:0. Für Werder Bremen. Marcelinho hatte vor dem 1:0 einen Rückpass in die eigene Hälfte gespielt und dabei seinen Landsmann Ailton übersehen, der damals noch für Bremen spielte.

Ob das Spiel im Weserstadion auch heute wieder ein besonderes für Marcelinho wird, könnte sich schon vor dem Anpfiff entscheiden. Seit viereinhalb Jahren steht der Brasilianer bei Hertha BSC unter Vertrag, und noch nie hat er bei einem Spiel des Berliner Fußball-Bundesligisten auf der Ersatzbank oder auf der Tribüne gesessen, es sei denn, er war gesperrt oder verletzt. Heute könnte dies zum ersten Mal der Fall sein. Zumindest ließen sich Aussagen von Trainer Falko Götz in diese Richtung deuten. „Das ist eine Position, mit der wir uns sehr kritisch auseinander setzen müssen“, hat Götz Anfang der Woche gesagt. Das Ergebnis dieser Auseinandersetzung ist aber wohl, dass sich vorerst nichts an Marcelinhos Position ändert. „Ich glaube, er spielt“, sagte Mittelfeldspieler Yildiray Bastürk gestern nach dem Abschlusstraining. Dass der erfahrene Mittelfeldspieler Niko Kovac wegen seiner Wadenverletzung für das Spiel in Bremen ausfällt, erleichtert es dem Trainer zumindest nicht, Marcelinho aus der Mannschaft zu nehmen.

Nachdem Falko Götz in dieser Woche trotz der aktuellen sportlichen Krise bei Hertha das „bedingungslose Vertrauen“ der Vereinsführung erhalten hat, wird von ihm nun eine gewisse Strenge im Umgang mit der Mannschaft erwartet. Herthas Manager Dieter Hoeneß hat ihm alle Mittel zur Disziplinierung zugesichert, „ob ich sie nutzen muss, bestimmen die Spieler selbst“, sagte Falko Götz. In der Causa Marcelinho hatte der Trainer eine eindeutige Positionierung vermieden und dem Brasilianer zumindest noch die Möglichkeit eröffnet, sich im Training für einen Einsatz gegen Werder zu empfehlen. „Er ist sehr selbstkritisch und hängt sich voll rein“, sagte Götz. „Er weiß aber auch, dass es nur über Leistung geht.“

Marcelinho selbst teilte angesichts der Spekulationen um seine Person mit: „Wenn der Trainer mich auf die Bank setzen will, akzeptiere ich das.“ Bei den Trainingseinheiten in dieser Woche war offensichtlich, dass der Brasilianer sich die andauernden Diskussionen sehr zu Herzen nimmt. Mit hängenden Schultern trottete er auf den Platz. Offensichtlich war aber auch, dass die Kollegen Marcelinho aus seiner misslichen Lage heraushelfen wollten. Immer wieder suchten sie ihn als Anspielstation, Andreas Neuendorf umarmte ihn einmal, scheinbar ohne Grund, und gestern löste ein Tor von Marcelinho im Tainingsspiel großen solidarischen Jubel aus. „Wir haben ihm viele Brücken gebaut“, sagte Trainer Falko Götz.

Bei Hertha weiß niemand genau, was die Gründe für Marcelinhos fußballerische Krise sind. An Zuspruch hat es ihm trotzdem nie gemangelt. Auch vor drei Wochen, beim Abschlusstraining für das Heimspiel gegen Schalke 04, hatte Götz den Brasilianer offensiv gelobt, als er kurz vor dem Ende der Einheit ein paar passable Ecken schlug. Angeblich wollte der Trainer Marcelinho schon gegen Schalke aus der Mannschaft nehmen, ließ sich dann aber vom Mannschaftsrat umstimmen. „Mit ihm sind wir in der Offensive stärker“, sagt Yildiray Bastürk. Den Beweis für diese Behauptung ist der Brasilianer zuletzt allerdings hartnäckig schuldig geblieben.

Dass Marcelinho über außergewöhnliche Fertigkeiten verfügt, steht außer Frage; doch zuletzt hat er seine Qualitäten nur selten zum Wohle seines Arbeitgebers abrufen können. Einerseits ist er mit acht Toren immer noch Herthas bester Torschütze in dieser Saison; andererseits hat Marcelinho in den sieben Spielen der Rückrunde nur ein einziges Mal getroffen – per Elfmeter.

„Das ist schon lange her. Ich will unbedingt mal wieder ein Tor schießen“, sagt Marcelinho. „Gegen Bremen wäre eine gute Gelegenheit.“ Auf diese Weise könnte das Spiel für ihn doch noch ein besonderes werden.

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