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Sport: „Er war sicher froh, als ich wieder weg war“

Tischtennisspielerin Elke Schall erinnert sich an ihre Begegnung mit Carl Lewis. Er war ein bisschen arrogant, erzählt sie

Die Olympischen Spiele können faszinieren, begeistern, aufregen verärgern. Ihre Geschichte ist deshalb voll von bewegenden Momenten. Wir haben Athleten aus der deutschen Olympiamannschaft gebeten, ihren persönlichen olympischen Moment zu beschreiben. Heute, die vierte und letzte Folge: Tischtennisspielerin Elke Schall.

Als ich noch nicht selbst zu den Olympischen Spielen gefahren bin, in den achtziger Jahren, habe ich immer stundenlang Olympia im Fernsehen geschaut. Ich habe mir wirklich fast alle Disziplinen angeguckt. Aber wenn ich sagen müsste, wer mein Lieblingsathlet ist, ich würde Carl Lewis wählen. Und ein für mich persönlich besonderes olympisches Ereignis hat auch mit ihm zu tun – obwohl er da gar nicht mehr aktiv war.

Ich saß also früher jeden Tag bei Olympischen Spielen vor dem Fernseher. Und ganz egal, in welcher Disziplin Carl Lewis angetreten ist, ich war immer dabei, ob Sprint, Weitsprung oder Staffel. Carl Lewis hat einfach eine unglaubliche Ausstrahlung. Er war so präsent. Ich finde ihn einfach toll.

Seit 1992 spiele ich als Tischtennisspielerin selbst bei Olympischen Spielen mit. Bei Europameisterschaften habe ich schon einige Medaillen gewinnen können, Gold im Doppel und mit der Mannschaft und Bronze im Einzel. Bei Olympia ist es dagegen so viel schwerer, weil die Chinesinnen mitspielen. Auch 2004 war ich wieder dabei. Ich saß auf der Tribüne, und auf einmal kam unsere Pressesprecherin Simone Hinz zu mir, tippte mich an und sagte: „Carl Lewis ist in der Halle!“ Er war ein Tischtennisfan. Es gibt ja einige Sportler, die eine besondere Leidenschaft für eine andere Disziplin haben.

Aber meinetwegen war er nicht in die Halle gekommen. Ich war schon ausgeschieden. Ich hatte gegen eine Chinesin verloren. In der dritten Runde, also in der Runde der letzten 32. Die chinesischen Frauen sind im Tischtennis noch dominanter als die Männer. Sie gewinnen fast alles. Ab und zu habe ich allerdings auch schon gegen eine Chinesin gewonnen. Vor dem Spiel sage ich mir einfach: „Die haben auch Druck, die kochen auch nur mit Wasser. Das hilft. Wir spielen ja auch so oft gegen Chinesinnen, da ist man in Übung. Vielleicht schaffe ich es ja diesmal wieder einmal, eine von ihnen zu besiegen.“ Tischtennis wird auf jeden Fall eine große Nummer bei diesen Spielen in Peking sein.

Ich habe mich also in Athen umgeschaut und tatsächlich: Da saß er, Carl Lewis. Ich bin dann zu ihm hingegangen und habe mich mit ihm fotografieren lassen. Später ist das Bild dann auch im „Tischtennis-Magazin“ abgedruckt worden. Ich weiß, es ist peinlich. Aber ich wollte dieses Foto gerne haben. Ein Star bin ich nun nicht gerade, bei deutschen Meisterschaften kommen allerdings auch zu mir Leute, die mal eben ein Autogramm haben oder sich mit mir fotografieren lassen wollen. Jetzt stand ich also auf der Tribüne von Athen auf der anderen Seite.

Ehrlich gesagt, Carl Lewis war relativ arrogant. Er war sicher froh, als ich wieder weg war. Es ist mir wirklich unangenehm gewesen, aber was soll's. Dass Carl Lewis auch Doping vorgeworfen wird, weiß ich. Das war dann wohl so. Aber ich finde, dass er trotzdem einiges geleistet hat im Sport. Das Bild von ihm und mir hängt jedenfalls immer noch bei mir zu Hause.

Aufgezeichnet von Friedhard Teuffel.

In der Serie erschienen: Hockeyspielerin Natascha Keller (4.8.), Schwimmer Thomas Rupprath (5.8.) und Läufer Carsten Schlangen (6.8.).

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