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Unter Siegern. Nur ein kleiner Kreis von Klubs hat echte Chancen auf den Champions-League-Pokal.

© AFP

Erfinder der Champions League: Der Mann, der den Fußball reich machte

Er hat die Champions League erfunden und aus Fußball ein Milliardengeschäft gemacht. Gesprochen hat Klaus Hempel darüber bisher nie.

Eine Ausnahme will er machen, eine letzte. Und seine Erfindung noch einmal besuchen. Dass es ihr gut geht, weiß er aus dem Fernsehen, meist schaut er ihr alle zwei Wochen beim Spielen zu. Aber jetzt haben ihn seine Schwiegersöhne gefragt, ob er nicht doch selbst hingehen will. Seine Erfindung kommt nach Deutschland. Also ist Klaus Hempel nach Berlin gereist und setzt sich an diesem Sonnabend auf die Tribüne des Olympiastadions zum Finale der Champions League, die es ohne ihn so nicht geben würde.

Er wird im Stadion alte Geschäftskollegen und Sportfunktionäre treffen. Verlässliche Partner, aber auch welche, die nur an sich denken. Der Fußball zieht Raffkes an. Klaus Hempel hat etliche von ihnen kennengelernt. Manche sind in der vergangenen Woche aufgeflogen, als die Polizei in Zürich bei der Fifa kurz durchgegriffen hat. Es ist die Kehrseite dessen, was Hempel mit ausgelöst hat. Seine Geschichte handelt davon, wie das Marketing den Sport entdeckte und reich machte. Meist spielt die Geschichte nicht im Stadion, sondern in vornehmen Hotels. Dort hat der Sportvermarkter diskutiert, verhandelt, Verträge geschlossen.

Klaus Hempel ist ein groß gewachsener Mann, 67 Jahre alt, er strahlt Verbindlichkeit aus. Als Treffpunkt hatte er den Club Baur au Lac vorgeschlagen, einen Herrenclub am Zürichsee, dort wolle er zum Mittagessen einladen. Hempel wohnt 50 Kilometer entfernt bei Luzern. Neben dem Clubhaus steht, durch einen Kanal getrennt, das Hotel Baur au Lac. Polizisten werden hier wenige Tage später ranghohe Fifa-Funktionäre in aller Frühe wecken und zum Verhör bringen. Geldwäsche, Betrug und Bestechung werfen ihnen die Ermittler vor. Wieder einmal werden Auswüchse dessen abgeschnitten, was Hempel zur Blüte gebracht hat.

Die Liga kennt die ganze Welt, den Erfinder nur Experten

Die ganze Welt kennt die Champions League. 32 Mannschaften aus den besten Fußball-Ligen Europas spielen eine Saison lang um einen großen Silberpokal mit ohrenförmigen Henkeln. Und um Millioneneinnahmen. Wenn Messi und Neymar mit dem FC Barcelona am Sonnabend gegen Juventus Turin das Finale bestreiten, wird das in mehr als 200 Länder übertragen und mit etwa 380 Millionen Zuschauern gerechnet. Den Erfinder der Champions League kennen nur Experten.

Je mehr Geld verdient wird, desto diskreter das Geschäft. Hempel hat nie viel darüber gesprochen. „Bei einem Produkt, das so in der Öffentlichkeit steht, besteht die Gefahr, sich selbst zu sehr in den Vordergrund zu drängen“, sagt er im getäfelten Eingangssalon bei einem Glas Tomatensaft. Vier Stunden wird das Gespräch dauern. Am Telefon hatte er gesagt: „Eigentlich gebe ich keine Interviews mehr.“ Aber wenn er noch einmal ins Stadion gehe, könne er auch hier eine Ausnahme machen.

Hempel trägt ein dunkelblaues Sakko und eine Krawatte mit Wappenmuster. Ein rheinischer Tonfall klingt nach mehr als drei Jahrzehnten in der Schweiz noch durch. Sein Vater hatte einen Möbelhandel in Neuss, er vertrieb auch Möbel, die er selbst entworfen hatte. Als Klaus Hempel bei ihm aushalf, merkte er: „Dieses Künstlerische lag mir nicht so sehr. Mich hat die wirtschaftliche Seite interessiert.“ Er studierte Betriebswirtschaft, machte in Münster seinen Abschluss und begann als Trainee bei Unilever in Hamburg. 1977 kam ein Anruf von einer Personalagentur. Ob er nicht zu Adidas nach Frankreich wolle? „Das war die Möglichkeit, mein Hobby zum Beruf zu machen.“

Klaus Hempel, der Erfinder der Champions League
Klaus Hempel, der Erfinder der Champions League

© Friedhard Teuffel

Vom Sport konnten Ende der 70er nicht viele leben. In den Mannschaftssportarten gab es zwar Profis, bei den Olympischen Spielen galt noch der Amateurparagraf. Aber die Sportartikelindustrie begann zu wachsen, Sport startete als Lebensstil durch. Sponsoring, sagt Hempel, lief damals noch allein über persönliche Kontakte: Ich kenne da jemand, der hat einen Freund ... Die Verbände bekamen zwar Geld vom Fernsehen. „Aber sie hatten keine Marketingkompetenz.“

Hempel lernte Horst Dassler kennen, Sohn des Firmengründers Adi Dassler. „Ein Schlüsselerlebnis“, nennt er es, „von ihm habe ich viel gelernt.“ Mit Dassler gründete Hempel die erste globale Sportmarketingagentur: die ISL, International Sport and Leisure. Er habe sich nicht als Pionier verstanden, es klingt eher nach Unternehmergeist, wenn er erzählt: „Wir waren einfach von unserem Konzept überzeugt.“ Die ISL sollte Werberechte für Sportverbände verkaufen und so zum Bindeglied zwischen Sportverbänden und der kommerziellen Welt werden.

Nach der Fußball-Weltmeisterschaft 1982 in Spanien erwarb die ISL für vier Jahre die Marketing- und Fernsehrechte an WM und EM sowie den Endspielen der Europapokale. Auch für das Internationale Olympische Komitee dachten sich Hempel und Dassler etwas aus, das Sponsoringprogramm TOP. Es besteht bis heute und bringt dem IOC Milliarden ein.

Einen Anruf von Joseph Blatter hat er nie vergessen

Im Baur au Lac, angelegt wie ein englischer Club, haben nur Mitglieder und ihre Gäste Zutritt. An diesem Vormittag bleibt es leer, zum Lunch kommen einige Gäste. Hempel schlägt fürs Essen einen Ortswechsel vor, vom Salon auf die Terrasse. Ab und zu dröhnt das Signal eines Ausflugsdampfers vom See herüber. Die Schweiz ist der Regierungssitz des internationalen Fußballs. Der europäische Verband Uefa hat sein Domizil in Nyon am Genfer See, die Fifa residiert in Zürich. Als Hempel mit der ISL startete, hieß der Fifa-Generalsekretär Joseph Blatter. Einen Tag aus dieser Zeit hat Hempel bis heute nicht vergessen.

Blatter habe ihn angerufen und gesagt, dass er doch bestimmt eine fähige Mitarbeiterin gebrauchen könne: seine Tochter Corinne. Hempel kneift die Augen zusammen, als bereite ihm die Anfrage immer noch Unwohlsein. „Das konnte ich nicht machen, das war eine Verflechtung von Interessen. Wir vermarkten die Fifa und Blatters Tochter arbeitet für uns ...“ Hempel bot der Tochter stattdessen einen Job bei Adidas an, auf diese Lösung hatte er sich mit Horst Dassler verständigt. Dass Hempel sie selbst nicht anstellte, „das hat Blatter mir auch nie verziehen“.

Blatter ist zur Symbolfigur geworden für den käuflichen Sport, auch wenn ihm selbst keine Bestechlichkeit nachgewiesen wurde. Jetzt ist er als Fifa-Präsident zurückgetreten, und ob das wirklich nur am zerbröselnden Rückhalt der Fußball-Welt lag oder vielleicht doch an möglichen Ermittlungen, weiß vor allem er selbst. Was sich nun ändert? „Ich befürchte, dass Blatter gerade seine Nachfolge regelt“, sagt Klaus Hempel am Telefon. „Das Fifa-Günstlingssystem wird erhalten bleiben.“ Retten, findet er, könne die Fifa eigentlich nur jemand von außen. Dass der Sport einmal anfällig werden könnte für systematische Korruption, „das haben wir nicht bedacht“, sagt Hempel in einer distanzierten Fassungslosigkeit. Nur einmal entfährt ihm: „Verdammt noch mal, das ist doch der Bereich, in dem ich gearbeitet habe!“

Blatter ist zur Symbolfigur geworden für den käuflichen Sport, auch wenn ihm selbst keine Bestechlichkeit nachgewiesen wurde. Dass der Sport einmal anfällig werden könnte für systematische Korruption? „Das haben wir nicht bedacht“, sagt Hempel. Die Geschehnisse in Zürich lösen bei ihm eine distanzierte Fassungslosigkeit aus. Nur einmal entfährt ihm: „Verdammt noch mal, das ist doch der Bereich, in dem ich gearbeitet habe!“

Die ISL, die Hempel gründete, war später in Skandale verstrickt. Joseph Blatters Vorgänger als Fifa-Chef, Joao Havelange (rechts), wurde unter anderem wegen Schmiergeldzahlungen verhaftet.
Die ISL, die Hempel gründete, war später in Skandale verstrickt. Joseph Blatters Vorgänger als Fifa-Chef, Joao Havelange (rechts), wurde unter anderem wegen Schmiergeldzahlungen verhaftet.

© dpa

Nach Horst Dasslers Tod und Meinungsverschiedenheiten mit der Familie Dassler verließ Hempel die ISL und gründete 1991 mit seinem Geschäftspartner Jürgen Lenz eine eigene Agentur: TEAM, Television Event And Media Marketing AG. Die ISL wird 2001 nicht nur pleitegehen, sondern auch für einen der größten Betrugsskandale des Sports stehen – vier Milliarden Franken forderten die Gläubiger, es war die zweitgrößte Firmenpleite in der Geschichte der Schweiz nach Swissair. Millionen von Schmiergeldern sind bei der Vergabe von Übertragungsrechten geflossen. Mehrere Fifa-Funktionäre wurden überführt, auch Blatters Vorgänger als Präsident, João Havelange. Blatter selbst wusste vom Betrug.

Über die ISL spricht Hempel auch mit Verbitterung. Die Firma, die er aufgebaut hatte, verkam durch Missmanagement und kriminelle Methoden. Hempel arbeitete da jedoch längst an einem anderen Stück Sportgeschichte. „Adidas war spannend, ISL war spannend, aber das Spannendste war die Champions League.“

Die Spitzenklubs verlangten mehr Geld, drohten mit Boykott

Der Kellner nähert sich dem Tisch, um die Bestellung aufzunehmen. Er zieht sich aber noch einmal zurück, als er sieht, wie tief Hempel gerade ins Erzählen seiner Geschichte eingetaucht ist. Nach dem Ausstieg bei der ISL, sagt Hempel, planten er und sein Geschäftspartner Lenz einen Fitnessurlaub, um dort in Ruhe an einer neuen Strategie zu arbeiten. Vorher wollten sie ihre Firmenkontakte pflegen. Dazu gehörte der Schwede Lennart Johansson, seit 1990 Präsident der Uefa. Den rief Hempel an und lud ihn zum Essen ein. Das Dinner fand im Dolder-Hotel in Zürich statt, einer der feinsten Adressen in einer ohnehin noblen Stadt.

Johansson verkörpert für Hempel den anständigen Sportfunktionär. Er sollte später zu Blatters Antipode werden, 1998 verlor er die Wahl um die Fifa-Präsidentschaft gegen Blatter. Bis heute ist von Briefumschlägen die Rede, die nachts unter den Hotelzimmertüren der Delegierten durchgeschoben worden sein sollen.

Anfang der 90er hatte Uefa-Chef Johansson noch andere Sorgen. Die europäischen Spitzenklubs verlangten mehr Geld, drohten, den Europapokal zu boykottieren und eine eigene Liga zu gründen. „Johansson hat uns eröffnet, dass sie die Klubwettbewerbe neu strukturieren wollen. Das wäre die einzige Chance, um die Kontrolle wiederzubekommen.“

Hempel und Lenz nahmen das als Auftrag und zogen sich in ihren Fitnessurlaub zurück. Drei Wochen in der Villa Sassa in Lugano. „Zehn Kilo haben wir abgenommen“, sagt Hempel und klopft sich lachend auf seinen Bauch, „und zwischen zwei und fünf am Nachmittag haben wir nachgedacht. Einer Sekretärin haben wir am Telefon unser Konzept diktiert.“

Objekt der Begierde: der Pokal. Die Champions League zielt auf ein weites Publikum.
Objekt der Begierde: der Pokal. Die Champions League zielt auf ein weites Publikum.

© dpa

Stundenlang hätten sie etwa über Titel diskutiert. Vor ihnen lag ein Zettel mit 20 Namen wie Champions Tour, Champions Cup, Super Tour – Champions League sei nicht zu übertreffen gewesen. Hempel wollte aus dem Fußball mehr machen, ihn auf ein höheres Level bringen. „Die Idee war, eine Marke zu kreieren und diese Marke bewusst weiter zu positionieren als Fußball.“ Das sollte neue Zuschauer anziehen, aus anderen Schichten, auch Frauen und Familien. Und mit ihnen neue Sponsoren. Fußball sollte anders wirken, nicht mehr als Arbeitersport.

Mit ihrem Konzept setzten sich Hempel und Lenz gegen sechs Mitbewerber durch, unter anderem die ISL. Doch die Uefa verlangte eine finanzielle Garantie: 150 Millionen Franken für die ersten beiden Saisons. Woher sollten Hempel und Lenz die nehmen? Sie bekamen den Kontakt eines Rechtsanwalts aus Hamburg, der über Verbindungen zu den reichsten Industriellen Deutschlands verfügte. Wenige Tage später saßen sie Arend Oetker in Köln gegenüber. Mehrere Stunden mühten sie sich, dem schweigsamen Multimillionär ihr Konzept zu erklären. „Man konnte aus seiner Mimik nicht herauslesen, was er darüber denkt. Irgendwann sprang er auf: ,Meine Herren, das interessiert mich. Ich rufe mal meinen Ex-Schwiegervater an, der kennt sich mit Fußball besser aus.’“ Das war Otto Wolff von Amerongen, ebenfalls schwerreicher Industrieller und Präsident des Deutschen Industrie- und Handelstags. In dessen Domizil am Wolfgangsee trafen sie sich am Tag darauf. Nach einer Weile des Verhandelns unterbrach sie der Industrielle: „Meine Herren, meine Frau hat Forelle vorbereitet, können Sie zum Essen bleiben? Wir sind jetzt Partner.“

Die Hymne steht für den Unterschied

Einen Teil des Risikos mussten sie selbst tragen. Hempel und Lenz hatten mit der Champions League etwas zu verlieren. Das unterscheidet sie von Fußballfunktionären. Es ging um ihre Firma. Und um die Gesetze des Marktes. Klaus Hempel mag es nicht direkt beabsichtigt haben, aber seine Erfindung hat dazu beigetragen, dass der Fußball nun besser zu Menschen wie ihm passt. Die Trainer stehen in feinen Anzügen an der Seitenlinie, im besten Fall wirken sie wie Dirigenten. Vor jedem Spiel schwenken Jugendliche im Anstoßkreis ein rundes Sternenbanner, als ob die Champions League die Sterne vom Himmel holen könnte, zumindest für 90 Minuten. Aber am besten zeigt die Veränderung die Hymne. Barock, dominante Trompeten, und der Chor singt in den drei Sprachen der Uefa: „Ils sont les meilleurs, sie sind die Besten, these are the champions, die Meister, die Besten, les grandes équipes, the champions.“

Bei der EM 1992 in Schweden hatte Hempel den englischen Komponisten Tony Britten beauftragt. „Aus meinem mangelhaften Briefing hat er ein maximales Ergebnis gemacht“, sagt er. „Alles, was mir damals einfiel, war: Es sollte feierlich sein, eigenständig. Heute ist nicht Alltag, heute ist Champions-League-Spieltag! Als Beispiel nannte ich ihm das Halleluja von Händel.“ Bis heute laufe ihm bei der Hymne „ein Schauer über den Rücken“. Auch wenn er in den USA vor dem Fernseher sitze und das Spiel zur Kaffeezeit läuft.

Uli Hoeneß gehörte 1992 noch zu den schärfsten Kritikern der neu eingeführten Champions League, revidierte seine Meinung aber schnell.
Uli Hoeneß gehörte 1992 noch zu den schärfsten Kritikern der neu eingeführten Champions League, revidierte seine Meinung aber schnell.

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Das neue Konzept war auf das Fernsehen ausgerichtet, vor allem auf die größten Fernsehmärkte Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien und England. Die Sender konnten sich dabei nicht mehr die Sponsoren aussuchen, die die Spiele präsentierten. Sie standen schon fest, zentral vermarktet von Hempels Agentur. „Das war ein Aufschrei. Dass sie unser Format ohne Abstriche akzeptieren müssen.“ Die Regel, dass wenige Sponsoren viel Geld bezahlen, habe ihnen zum Durchbruch verholfen. „Exklusivität erzeugt Wertigkeit.“ Eines kam dabei sehr gelegen. Das Privatfernsehen drängte auf den Markt und durchbrach das Monopol der Öffentlich-Rechtlichen. Um sich breit zu machen, war der Fußball bestens geeignet. So landete die Champions League am Anfang bei RTL. Später kam das Pay-TV dazu und machte sie noch exklusiver.

Kritik gab es seit der Premiere 1992. Uli Hoeneß sei einer der Lautesten gewesen, erinnert sich Hempel. Aber er gehörte auch zu den Ersten, die ihre Meinung öffentlich korrigiert hätten. Die Champions League hat den besten Fußball mehr zum Strahlen gebracht. Andere Teile verschattet sie. Neben ihr haben andere kaum eine Chance, die Europa League gilt als Wettbewerb der Verlierer. Die Konsequenzen reichen bis in die nationalen Ligen. Die reichen Klubs gewinnen, werden durch Prämien und Fernseheinnahmen immer reicher. So hat der Wettbewerb eine feine, geschlossene Gesellschaft geschaffen. Undenkbar, dass heute noch Roter Stern Belgrad siegen könnte wie 1991 beim Europapokal der Landesmeister. Die Champions League macht das Mitdiskutieren leicht, man muss nur wenige Teams kennen, es ist eine Art europäischer Fußball-Stammtisch entstanden. Hempel sagt: „Es gab keinen Punkt, der so gravierend war, dass er uns an der Entwicklung gehindert hätte. Jeder will sich für die Champions League qualifizieren.“ Im freien Spiel der Kräfte gewinnt für ihn diese Sogkraft.

Sieger ist immer die Uefa

Ein Sieger steht immer schon am Anfang jeder Saison fest: die Uefa. Die Champions League startete 1992 mit 85 Millionen Franken Vermarktungsumsatz. Zehn Jahre später waren es etwa eine Milliarde. Sie wuchs schneller, als es ihr selbst Hempel und Lenz zutrauten. Als sie der „Neuen Zürcher Zeitung“ 2002 eines ihrer wenigen Interviews gaben – fünf Fragen, fünf Antworten – , sagten sie: „Es wird keinen Quantensprung mehr geben wie in den späten 90er Jahren.“ Für die Saison 2014/15 wird ein Umsatz von 1,8 Milliarden Franken erwartet, etwa 1,75 Milliarden Euro. Dass es inzwischen in fast jeder Sportart eine Champions League gibt, nimmt Hempel als das „schönste Kompliment. Es ist ein Gattungsbegriff geworden für das Beste vom Besten.“

2005 verkauften Hempel und Lenz ihre Firma, mit der sie auch das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker und den Eurovision Song Contest vermarktet hatten. Trotzdem habe er jetzt kaum Zeit; zu viele Interessen, sagt Hempel entschuldigend: Architektur, Wein, Konzerte, das Golfspiel ... Und der Fußball? Hempel lächelt. Seit 2007 ist er nicht mehr im Stadion gewesen. Die Liebe zum Fußball pflegt er vor dem Fernseher – und als gut behütete Erinnerung. An jenen Tag, als ihn sein Vater zu seinem Heimatverein mit ins Stadion nahm. Borussia Mönchengladbach gegen den Hamburger SV auf dem Bökelberg. „Diese Begeisterung und Leidenschaft habe ich nicht vergessen.“

Hempel ist aufgestanden, um die Rechnung zu begleichen. Die Pralinen zum Kaffee hat er stehen lassen. Vom Nachbartisch weht Zigarrenqualm herüber. Als Hempel zurückkommt, setzt er sich noch einmal hin und schaut in den Garten des Clubs. „Einem Journalisten habe ich das alles eigentlich noch nie erzählt“, sagt er, fast ein bisschen erstaunt, als habe er eine Grenze überschritten.

Dabei ist die Grenze in seinem Fall durchlässig, es ist die zwischen Geschäft und Gefühl. Vielleicht wird er nach diesem Finale in Berlin die nächste, letzte Ausnahme machen, um noch einmal die Champions League im Stadion zu sehen. In der nächsten Saison spielt Borussia Mönchengladbach mit. Zum ersten Mal.

Dieser Text erschien auf der Dritten Seite des gedruckten Tagesspiegel.

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