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Sport: Erfolg im Kerngeschäft

Es wird kompliziert, Fußballfan zu sein, schneller als erwartet. Vorbei die Zeiten, in denen es reichte, sich mit Abseitsfalle und Viererkette auszukennen.

Es wird kompliziert, Fußballfan zu sein, schneller als erwartet. Vorbei die Zeiten, in denen es reichte, sich mit Abseitsfalle und Viererkette auszukennen. "Wir haben jetzt extrem auf dem Marketingsektor angeschoben", referierte Karl-Heinz Rummenigge, Vorstandsvorsitzender der FC Bayern AG, als Deutschlands größte Fußballfirma dieser Tage den Sponsoring-Deal mit der Deutschen Telekom verkündete. Demnächst, ließ der neue starke Mann der Bayern wissen, werde man sich mit der Personalrekrutierung beschäftigen. "An solche Begriffe müssen wir uns allmählich gewöhnen", ordnete Vorstandsmitglied Uli Hoeneß an, der dazu gekonnt mit Vokabeln wie Cashflow, Ranking oder Ups and Downs jonglierte.

Zum Thema Bundesliga aktuell: Ergebnisse und Tabellen Bundesliga-Tippspiel: Das interaktive Fußball-Toto von meinberlin.de Am Samstag besann man sich - so würde man das bei den Bayern jetzt wohl so sagen - auf das Kerngeschäft. Fußball spielen. Erfolgreich und kostenminimiert. Der kleine Nachbar war zu Gast, der TSV 1860, eine viel zu kleine Nummer für den Global Player aus München-Harlaching. Für die Fans war es freilich ein überaus angenehmer Abstecher in den lokalen Markt , zumal das Ergebnis stimmte. Effizient entledigte sich der Favorit der Pflicht, 2:1 lautete die Bilanz nach 90 Minuten ohne große Reibungsverluste. "Damit sind wir im Kampf um die Deutsche Meisterschaft voll dabei", hielt Trainer Ottmar Hitzfeld fest. Vier Spiele dauert der Aufschwung des Meisters nun schon an, zwölf Punkte hat er darin verbucht, drei fehlen noch zur Spitze. Und das, nachdem selbst die Bayern, gewöhnlich so etwas wie fleischgewordenes Selbstbewusstsein, vor nicht mal einem Monat eigene Titelaussichten als absurd angesehen hatten.

Doch die Art und Weise des Sieges offenbarte deutliche Parallelen zur erfolgreichen Vorsaison, in der die Münchner ihr Last-Minute-Credo bis zum Exzess auslebten. "So werden die wieder Meister", sagte der Sechziger Markus Weissenberger und schaute, als habe er nie fester an etwas geglaubt. Dabei hatten die Bayern erhebliche Personalprobleme. "Ich habe immer gesagt, dass wir einen Kader von 20, 25 gleichwertigen Spielern brauchen", erinnerte sich Torwart Oliver Kahn. Nur so sei es gelungen, "zu der Siegermentalität zurückzufinden, die uns letztes Jahr ausgezeichnet hat".

Erleichternd kam am Samstag die Passivität des Stadtrivalen hinzu. "Bei der letzten Aktion hat uns die Cleverness gefehlt." So versuchte Trainer Peter Pacult das zweite Gegentor zu erklären. Dabei war es bloß ein Gegenspieler für Fink, der in diesem Moment fehlte. Denn der Effenberg-Ersatz, der nicht gerade als Kopfballgenie firmiert, stand völlig frei. "Der eine kann jubeln, der andere vergräbt sich", knurrte Pacult als abschließenden Kommentar zum Spiel vor sich hin. Tatsächlich bedurften die schmucklosen 90 Minuten kaum einer tiefergehenden Analyse.

Spannender klang da schon der kleine Zwist in der Bayern-Führungsriege in den letzten Tagen, nachdem sich Franz Beckenbauer in seiner Eitelkeit verletzt fühlte und sich - den Kaiser - schon überflüssig wähnte. "Mein Einsatz ist nicht mehr gefragt", hatte Beckenbauer via "Kicker" geschmollt, nachdem der erkleckliche Telekom-Deal (geschätzte 20 bis 25 Millionen Euro im Jahr) ohne sein Zutun zustande gekommen war. "Der Franz bleibt mit seinem Charisma und seiner Persönlichkeit ein ganz wichtiger Bestandteil im Klub", versuchte Rummenigge den neuen Aufsichtsratschef gleich zu besänftigen.

Betriebsinterne Streitigkeiten wären derzeit hinderlich. Übermorgen steht ein wichtiges Treffen an, mit Manchester United, dem Weltmarktführer. "Wieder so ein Highlight", sagt Oliver Kahn, der sich während des derzeit anhaltenden Mittwoch-Samstag-Rhythmus Fußballfernsehverbot auferlegt hat, um sich nicht noch mehr aufzuregen. "Eigentlich unglaublich" sei der Stress derzeit. Erst Schalke, dann das Derby, jetzt United.

Auch gegen den Champions-League-Sieger von 1999 stehen die Bayern unter großem Druck. "Es wäre wichtig, Erster zu werden in unserer Gruppe, damit wir im Viertelfinale zuerst auswärts spielen", sagt Karl-Heinz Rummenigge vor der vorentscheidenden Partie in der Gruppe A. Einige Fans werden schon die Aussage als solche erleichtert zur Kenntnis genommen haben. Man scheint wieder zu wissen, worum es wirklich geht, beim FC Bayern München.

Daniel Pontzen

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