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Sport: Erhöhte Sympathie

Der VfB Stuttgart kultiviert die Außenseiterrolle

Dass es der VfB Stuttgart in Österreich derzeit auf Spitzenwerte in den Sympathieumfragen bringt, hat Horst Heldt zufällig erfahren. Es war Besuch da. Franz Wohlfarth gehört zum Mitarbeiterstab des österreichischen Privatfernsehsenders ATV, der jede Woche ein Bundesligaspiel zeigen darf.

Wohlfahrt hütete einst das Tor der Schwaben. „Das Interesse ist definitiv gestiegen, sehr sogar“, sagte er. Die Zuschauer von ATV haben sich die Partie Schalke gegen Stuttgart als deutsches Live-Spiel ausgesucht. Das gibt es erst nächste Woche am 17. März. Wohlfahrt und der ATV-Redakteur aber mussten schon einmal ein paar Interviews aufnehmen. Sie fanden den Stuttgarter Manager Horst Heldt in bester Laune vor: Platz drei, 45 Punkte, einen Platz hinter Bremen, zwei vor Bayern München – dem VfB Stuttgart geht es sportlich gut. Gewinnen die Bayern am Wochenende gegen Bremen und siegt auch der VfB daheim gegen den VfL Wolfsburg, wären die Stuttgarter wieder Zweiter. „Die anderen sollen alle über Schalke, München und Bremen reden, das ist in Ordnung. Uns hat keiner auf der Rechnung“, sagt VfB-Trainer Armin Veh.

Die Schwaben sind die Ruhe selbst. Sie gefallen sich in der Rolle des Außenseiters, diesen Status verteidigen sie vehement. „Wir sind hier nicht die Prahle- Weltmeister“, sagt Heldt und fragt: „Wen muss ich hier denn mit großen Reden anpieksen?“ Damit keine Missverständnisse aufkommen, antwortet er auch gleich: „Die Mannschaft etwa? Die zeigt keine Anzeichen, dass sie nicht gewinnen will. Die Zuschauer? Es kommen 45000 – gegen Wolfsburg.“ Es bestehe also kein Anlass, „verbissen“ zu werden. Die Mannschaft, meint Heldt, brauche die Lockerheit. „Vielleicht“, sagte Armin Veh, als die Kamera aus Österreich vor ihm auftaucht, „werden wir ja Fünfter. Und dann wird das als Enttäuschung gesehen, das hat diese junge Mannschaft nicht verdient. Acht in dieser Liga reden davon, dass sie die jüngste Mannschaft haben, bei uns steht sie auf dem Platz.“

Selbst Präsident Erwin Staudt redet von der Zukunft, die für den Verein rosig werden könne, aber nicht von dieser Saison. Als neulich die Meldung kursierte, der Klub habe vorsorglich, für den 20. (Meisterschaftsende) und 27. Mai (Tag nach dem Pokalfinale) den Rathausplatz in Stuttgart geblockt, reparierte die PR-Abteilung den Schaden gleich wieder. Die Stadt Stuttgart war es. Die hatte 1992, beim letzten Meistertitel, die rechtzeitige Buchung verpasst und musste einem Flohmarkt den Vorzug lassen.

Was sie im Fall der Fälle vorhaben, passt sowie besser in die internen Besprechungen. Und da, das gibt Heldt offen zu, wird mit weit vollmundigerem Vokabular jongliert. „Kommen sie doch mal in die Kabine und schauen sie, was dort abläuft. Ist doch klar, dass wir dort etwas anderes erzählen“, sagte Heldt. Erwin Staudt jedenfalls hat in einem schwachen Moment einmal erzählt: „In der Mannschaft weiß doch jeder, dass er so eine Chance nur einmal im Leben kriegt.“ Das könne schon sein, sagt Heldt. „Wir haben zweimal in den letzten Jahren die Champions League verpasst. Jetzt kommt zum ersten Mal wieder alles vom VfB so sympathisch rüber. Warum sollen wir das kaputt machen?“ In Österreich würde das wohl auch keiner verstehen.

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