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Sport: Erklärtes Schweigen

Ullrich äußert sich nicht zu den Dopingvorwürfen – und pocht dafür auf die Unschuldsvermutung

So sehr sich das Team T-Mobile auch Mühe gibt, es wird Jan Ullrich anscheinend einfach nicht los. Gerade war Andreas Klöden am zweiten Ruhetag der Tour de France damit fertig, im Teamhotel Muret im französischen Alpendorf Sigoya zu erläutern, dass er sich an die Kapitänsrolle bei T-Mobile gewöhne, da lief an der Hotel-Rezeption ein Blatt Papier aus Hamburg aus dem Faxgerät. Es kam von Ullrichs Berater Wolfgang Strohband und enthielt eine Stellungnahme im Dopingskandal – oder auch nicht.

Nachdem ihn T-Mobile seit Tagen zu einer öffentlichen Stellungnahme gedrängt hatte, erklärte Ullrich in dem Fax, dass er mitnichten abgetaucht sei, sondern in Scherzingen, seinem Wohnort in der Schweiz, weiterhin am öffentlichen Leben teilnehme. Zudem ließ der deutsche Radprofi verlauten: „Meine Anwälte haben entgegen anders lautenden Meldungen meinem Rennstallbetreiber, der Olaf Ludwig Cycling GmbH, am vergangenen Donnerstag fristgerecht eine schriftliche Stellungnahme zu den mir gegenüber gemachten Vorwürfen zukommen lassen.“ Über den Inhalt der Erklärung aber ließ Ullrich nichts verlauten. Auf Anraten seiner Anwälte werde er derzeit keine weiteren öffentlichen Erklärungen abgeben, wird Ullrich zudem in dem Papier zitiert. Seine Anwälte hätten Kontakt zu den spanischen Ermittlungsbehörden aufgenommen, um festzustellen, ob und in welcher Form tatsächlich gegen ihn konkrete Vorwürfe erhoben werden könnten. Die Erklärung des Siegers der Tour de France von 1997 schließt mit dem Satz: „In einem Rechtsstreit gilt nicht nur für mich, sondern für jeden anderen Menschen auch die Unschuldsvermutung, bis das Gegenteil bewiesen wurde.“

Der Leiter Sportkommunikation von T-Mobile zeigte sich von Ullrichs Erklärungen wenig beeindruckt. „Wir haben bis Donnerstag nicht den Unschuldsbeweis bekommen, den wir eingefordert haben“, sagte Christian Frommert. Ullrichs Statement sei „ein Rückzug auf einen formaljuristischen Standpunkt“ gewesen. Laut Ullrichs Berater Strohband stand in der Erklärung, dass weiterhin keine schlüssigen Beweise vorlägen. Strohband bestätigte zudem, dass die Anwälte Ullrich von einer DNA-Analyse abgeraten haben, der seine Unschuld am einfachsten beweisen könnte.

T-Mobile hatte die Suspendierung Ullrichs einen Tag vor Beginn der Tour de France mit konkreten Hinweisen darauf begründet, dass die Unschuldsbeteuerungen des hochbezahlten Profis in der Blutdopingaffäre um den spanischen Sportarzt Eufemiano Fuentes falsch seien. Neben Tour-Favorit Ullrich wurden auch Mitfavorit Ivan Basso aus Spanien (CSC) sowie zahlreiche weitere Fahrer wegen des Verdachts der Verwicklung in die Dopingaffäre von der Teilnahme am wichtigsten und populärsten Radrennen der Welt ausgeschlossen.

T-Mobile hatte am Wochenende bekannt gegeben, dass Ullrich eine Frist zur Stellungnahme verpasst habe und nun mit entsprechenden arbeitsrechtlichen Folgen rechnen müsse. Konzernsprecher Christian Frommert sagte zu der gestern verteilten Erklärung Ullrichs, dass es „nicht um juristisches Geplänkel“ gehe. „Es geht um die Person Jan Ullrich.“ Wie schon bei der Suspendierung von Jan Ullrich habe das Unternehmen nicht die Zeit, ein sport- oder zivilrechtliches Urteil abzuwarten. „Die Presse schweigt ja auch nicht zu Ullrich, bis ein Urteil gesprochen ist“, sagte Frommert. mit ddp, Reuters

Sebastian Moll, Hartmut Scherzer[Sigoya]

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