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Sport: Erklärungsversuche: Verdient sicher verloren

Dieter Hoeneß schnäuzte beherzt ins Tuch. Dann sagte er: "So ein schlechtes Spiel habe ich hier ganz selten gesehen.

Dieter Hoeneß schnäuzte beherzt ins Tuch. Dann sagte er: "So ein schlechtes Spiel habe ich hier ganz selten gesehen." Der Manager von Hertha BSC hätte auch sagen können, dass er so etwas überhaupt noch nicht gesehen hat, so ausgewählt schlecht waren die Berliner. Dann sagte Hoeneß noch: "Draufhauen bringt jetzt gar nichts." Klar, denn das hatte der VfL Wolfsburg recht anschaulich besorgt. 3:1 gewann der niedersächsische Provinzverein in Berlin. Oder um es mit Michael Preetz zu sagen: "Wir haben das Spiel verdient sicher abgegeben."

Preetz war noch einer der ersten, der die Sprache wiederfand an diesem Tag. "Wir haben sehr statisch gespielt", sagte der Kapitän, wobei von spielen nicht unbedingt die Rede sein konnte. "Wir haben in der ersten Halbzeit definitiv keine einzige Torchance herausgespielt." Was sich immer schon schlecht gemacht hat, wenn man ein Fußballspiel gewinnen will.

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Nach den ersten 45 Minuten hatte es erstaunlicherweise nur 0:1 gestanden aus Sicht der Berliner. Doch wer da noch glaubte, das Unansehnlichste erlebt zu haben, sah sich getäuscht. Was in der ersten Halbzeit schon schlecht war, wurde nach dem Seitenwechsel noch schlimmer. Selbst Herthas Trainer Jürgen Röber hatte, wie er später zugab, das Schlechte eigentlich nicht mehr für steigerungsfähig gehalten. Seinen Profis aber war es eindrucksvoll gelungen.

Die Palette der anschließenden Erklärungsversuche war bunt. Von "mir fehlen die Worte" (Röber), bis "es ist mir ein Rätsel" (Hoeneß) war zu hören. Es sprach letztlich für beide, dass sie erst gar nicht den Versuch unternahmen, das grausame Gekicke zu verniedlichen. Und auch Preetz gab vor, "keine plausible Antwort" zu haben. "Sie sehen, ich druckse auch nur rum. Die personellen Probleme möchte ich nicht dafür ins Feld führen." Den Berlinern fehlten die drei deutschen Nationalspieler Beinlich, Deisler und Rehmer, dazu der Brasilianer Alves und der Grieche Konstantinidis. In Hamburg und Bochum, wo Hertha noch personelle Engpässe hatte kompensieren und gewinnen können, "waren wir alle auf dem Platz sehr viel wacher und engagierter", sagte Preetz. "Da haben wir jeden so genannten zweiten Ball gewonnen. Wenn uns das gelingt, hat es jeder Gegner gegen uns schwer. Andernfalls kriegen wir die Probleme."

Vergleichsweise gelassen wirkte Röber, als er nach diesem "grottenschlechten Spiel meiner Mannschaft" eine schnelle Analyse wagte: "So etwas habe ich nicht für möglich gehalten. Ich weiß nicht, was in den Köpfen meiner Spieler abging, aber ich glaube mal nicht, dass sie überheblich oder selbstzufrieden waren nach den beiden zurückliegenden Spielen."

Hoeneß strich sich über den hohen Scheitel. "Das, was heute hier passiert ist, ist für mich nicht nachvollziehbar." Der Manager war bedient. Schließlich hatte es Hertha nach einem guten Start ins Jahr verpasst, Tuchfühlung zum oberen Ende der Tabelle und von unten schiebende Konkurrenz im Kampf um die internationalen Plätze auf Distanz zu halten. So aber waren die Beteiligten gezwungen, sich "das Spiel noch einmal reinzuziehen" (Hoeneß), aber dann soll es das auch gewesen sein. "Wir müssen wieder versuchen, positiv zu denken."

Hoeneß, der nach einem wenig gelungenen Dezember (ein Unentschieden, drei Niederlagen) angekündigt hatte, wieder etwas näher an die Mannschaft zu rücken, wollte es sich verkneifen, ein paar deutliche Worte an die Arbeitnehmer zu richten. "Glauben Sie mir", sagte Hoeneß, "die Spieler wissen schon, was sie angestellt haben. Sie werden es mit und unter sich auszumachen haben, warum keiner den Ball wollte, und der, der ihn hatte, ihn nicht mehr los wurde, sondern irgendwann verlor. Ich hatte heute nicht den Eindruck, dass hier jeder am Spiel teilnehmen wollte."

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