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Sport: Ernste Miene nach bösem Spiel

Belgrads Trainer Lothar Matthäus hat einen Spielabbruch provoziert – doch er ist sich keiner Schuld bewusst

Winterthur. Seine ersten Worte sind seltsam. „Ewald – Freude im Leben.“ Lothar Matthäus, der Fußballtrainer, herzt Ewald Lienen, den Fußballtrainer und alten Weggefährten aus Gladbacher Tagen. Er begrüßt die anwesenden Fans mit einer lässigen Handbewegung, dann lehnt er sich mit seinem weißen Hemd an den Pfosten der Trainerbank in Winterthur. Sieht man Matthäus so, könnte man meinen, es ginge ihm gut. Doch der Coach von Partizan Belgrad verzieht an diesem Samstagabend keine Miene mehr. Er bleibt ernst bei diesem Testspiel seines Teams gegen Borussia Mönchengladbach. Er bleibt ernst bei seinem ersten Auftritt nach dem großen Skandal.

Drei Tage vorher sah Lothar Matthäus noch ganz anders aus. Er rannte am Spielfeldrand umher, schimpfte auf Trainer und Betreuer des Gegners – danach kam es zu Massenschlägereien. Es war ein Testspiel zwischen Partizan Belgrad und Dinamo Zagreb, Serben gegen Kroaten, das alte Duell. Mehrmals musste das Spiel unterbrochen werden, Spieler und Zuschauer prügelten sich. Als die Lage total eskalierte, rannten 200 Polizisten in Schutzmontur aufs Spielfeld in Kriens in der Schweiz und versuchten, die sich schlagenden Massen zu trennen. Und mittendrin Lothar Matthäus.

„In Belgrad habe ich meine zweite Heimat gefunden“, sagt Lothar Matthäus, wenn man ihn nach seinem Arbeitsplatz auf dem Balkan fragt. „Dort sind die Menschen immer freundlich zu mir .“ Fern von der zweiten Heimat scheint das anders zu sein. In Deutschland ist er nur noch für die Klatschspalten gut – oder für Skandale. Seitdem mag Matthäus die Medienleute nicht mehr. Die Radioreporter in Winterthur raunzt er nach der 0:1-Niederlage gegen Gladbach an: „Was wollt ihr? Soll ich alles zweimal erzählen?“ Die Journalisten packen ihre Mikrofone ein und trotten hinter ihm her zur Pressekonferenz. „Ich bin enttäuscht", sagt er dort.

Nein, wirklich bereit scheint seine Mannschaft für die Aufgaben in der Champions- League-Qualifikation gegen die Schweden von Djurgardens IF nicht zu sein. „Wir mussten drei Nationalspieler aus wirtschaftlichen Gründen verkaufen und bekamen dafür nur zwei Spieler von Absteigern dazu“, erzählt Matthäus von seinen Problemen.

Und was war mit dem Spielabbruch? „Die Kroaten haben angefangen“, sagt Matthäus etwas beleidigt. „Meine Spieler haben sich fair verhalten. Unsere Fans sind provoziert worden“, klagt er an. Kurze Pause. „Und was meine Person betrifft“, jetzt wird Matthäus energischer, „bin ich sehr stark beleidigt worden von der kroatischen Bank. Ich habe nur was zurückgesagt. Aber wenn ich etwas sage, hat es eben eine andere Wirkung, als wenn der Arzt oder Trainer von Dinamo Zagreb etwas sagt.“ So einfach ist das. Vorwürfe macht sich einer wie Lothar Matthäus nicht. Er stellt lieber fest: „Man muss dem Veranstalter einen Vorwurf machen. Wer diese zwei Teams einlädt, obwohl er weiß, dass es vielleicht Ausschreitungen geben kann, den muss man mitverantwortlich machen.“

Die Pressekonferenz ist zu Ende. Bei der Verabschiedung ruft ihm ein serbischer Fan zu, dass er es toll fand, wie er und Partizan es den Kroaten gezeigt haben. Und das, obwohl er eigentlich Anhänger des Belgrader Rivalen Roter Stern sei.

Matthäus winkt ab. Und macht wieder ein ernstes Gesicht.

Boris Inanici

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