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Sport: Ernüchterte Zauberer

Beim 0:0 gegen Wolfsburg gefährdet der VfB Stuttgart die mögliche Teilnahme an der Champions League

Zuerst wollte gar keiner vom Feld, so unglaublich erschien ihnen die Szenerie. Wie festgewachsen standen die Profis des VfB Stuttgart auf dem Rasen des Gottlieb-Daimler-Stadions und ließen ihre Blicke apathisch in die Tiefe des Raumes stieren. Alexander Hleb, der Weißrusse, der sonst so atemberaubend mit dem Ball zaubern kann, ging ernüchtert in die Knie und schien gegen die Wut anzukämpfen. Er schleuderte ein Stück Tapeverband von sich und schimpfte. Als dann endlich der Trauermarsch der Gescheiterten einsetzte, wurden sie von einem Pfeifkonzert in die Kabine begleitet. Diesmal machten die 45 000 Zuschauer im ausverkauften Oval ihrem Frust Luft. Eigentlich waren sie gekommen, um dabei zu sein, wenn der VfB Stuttgart mit einem Sieg über den VfL Wolfsburg auf den zweiten Platz der Tabelle stürmt. Nun betrauerten sie ein 0:0 gegen den VfL Wolfsburg.

Erneut hatten die Stuttgarter eine große Chance vergeben, den Zweitplatzierten Schalke zu überholen. Am vergangenen Wochenende hatten die Stuttgarter schon in Rostock verloren. Inzwischen rücken die Verfolger Hertha BSC und Werder Bremen näher. Manche Stuttgarter Fans ärgerten sich über einen ausgebliebenen Elfmeterpfiff aus der 69. Minute nach. Imre Szabics, der den grippekranken Marco Streller vertrat, war bereitwillig zu Boden gesunken, als ihn Wolfsburgs Torwart Simon Jentzsch im Strafraum am rechten Schienbein berührte. Schiedsrichter Lutz Wagner verweigerte den erlösenden Strafstoß. Man konnte dem Mann aus Hofheim nicht wirklich böse sein. Ein Pflichtelfmeter war das sicher nicht. Und vor allem war es nicht der Grund für das erbärmliche Remis.

Zu wenig Druck hatten die Stuttgarter entwickelt, die auch auf ihren Nationalstürmer Kevin Kuranyi wegen einer Gelbsperre verzichten mussten. „Das tut richtig weh“, sagte Kuranyi, während die meisten Kollegen wortlos davon hasteten. Sie hatten einige Chancen ausgelassen. Silvio Meißner eine, Cacau gleich drei. „Aber uns hat der Biss gefehlt“, sagte Philipp Lahm, der nach seiner Verletzungspause unübersehbare Schwierigkeiten hat, wieder in Form zu kommen.

Am Ende hatten die Stuttgarter sogar Glück, als Wolfsburgs Angreifer Thomas Brdaric in der 83. Minute den Ball nach einem Konter nicht im Tor unterbringen konnte. „Vielleicht wäre das nicht verdient gewesen, aber es war möglich“, sagte Erik Gerets. „Ich bin froh für die Mannschaft, denn bei uns war in den letzten Woche sehr viel los“, sagte Gerets. Er spielte auf die angespannte Situation im Verhältnis zu Wolfsburgs Manager Thomas Strunz an.

Stuttgarts Trainer Matthias Sammer sah trotz der Enttäuschung eine „Steigerung gegenüber dem Spiel in Rostock“. Nach einer solchen Partie könne man eine Woche später nicht alles besser machen. „Wir müssen weiter arbeiten“, sagte Sammer und klang so fad wie das Spiel seiner Mannschaft war. „Fußball ist kein Wunschkonzert, wir haben jetzt noch vier Endspiele um die Champions League". In dieser Form allerdings geht der VfB Stuttgart als Außenseiter auf die Zielgerade der Saison.

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