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Oben ist da. Der Belgier Heynen führte die Deutschen zum größten Olympia-Erfolg seit

© dapd

Sport: Erschöpft am Ziel

Bundestrainer Vital Heynen hat die deutschen VOLLEYBALLER psychisch aufgerichtet und ins Viertelfinale geführt. Da aber waren sie überfordert.

Vital Heynen hatte sich hinter seinen Computer geklemmt und studierte irgendwelche statistischen Daten. Es stand 8:8 im zweiten Satz. Der Volleyball-Bundestrainer hatte noch Hoffnung, dass sein Team die Wende schafft. Später lief der Belgier an der Seitenlinie entlang und lutschte an einem Filzstift wie an einem Lolli. Da stand es 23:14 im dritten Satz. Der Bundestrainer Heynen hatte längst keine Hoffnung mehr.

Zwei Minuten danach hatten ihn die Bulgaren erlöst, ihn und sein überfordertes Team auch. Mit einem Schmetterball vollendeten die Bulgaren ihren längst absehbaren 3:0 Sieg. Mit 25:20, 25:16, 25:14 gewannen sie im Viertelfinale gegen die deutschen Volleyballer. Die erinnerten an einen Boxer, der nach jedem Treffer immer unsicherer auf den Beinen steht, bis er endgültig K.o geht.

Georg Grozer, der Diagonalangreifer, schüttelte nur den Kopf: „Es ist die eine Sache, zu verlieren, die andere ist, wie man verliert. So darf man nicht verlieren.“ Man musste ja nur mal die Körpersprache vergleichen. Man musste ja nur mal den Bulgaren Nikolay Nikolov anschauen, nachdem er einen wuchtigen Hinterfeld-Angriffsball mit einem Einer-Block abgewehrt hatte. Die Augen weit aufgerissen, jeder Muskel im Gesicht angespannt, eine Miene, so triumphierend und aggressiv, als hätte er gerade Usain Bolt im 100-Meter-Lauf besiegt. Und die Deutschen? Ratlos, mit zunehmend hilflosen Blicken. „Diese Niederlage hat einen schalen Beigeschmack“, sagte Grozer.

Natürlich hat sie den. Dennoch ist die Leistung ein Erfolg: Die Volleyballer haben die beste Leistung bei Olympischen Spielen seit 40 Jahren erreicht. Dieses Viertelfinale war das große Ziel. Sie haben es geschafft.

Im Herbst 2011, nach dem vorletzten Platz bei der EM, lag die deutsche Nationalmannschaft sportlich am Boden. Jetzt hatte sie nicht bloß durch ein mitreißendes Spiel gegen Kuba die Olympia-Qualifikation geschafft, sie hatte sich auch den Respekt anderer Mannschaften erarbeitet. „Wir haben von anderen Mannschaften gehört, dass sich dort die Spieler die Augen gerieben haben“, sagte Zuspieler Lukas Kampa.

Heynen hat in kurzer Zeit viel bewegt, nicht im spielerischen, aber im psychischen Bereich. „Er hat uns wieder Selbstvertrauen vermittelt und erreicht, dass wir unser Potenzial abrufen können. Das ist sein größter Verdienst“, sagt Zuspieler Simon Tischer.

In London haben die Deutschen nach einem 0:2-Rückstand noch 3:2 gegen Serbien gewonnen. Das zeigt, mit welchem Kampfgeist, mit welchem Siegeswillen sie auch auftreten können.

Dass der Druck bei Olympia ganz anders ist als bei sonstigen Turnieren, war klar. Unklar war, wie die Deutschen damit umgehen würden. Sie gingen besser damit um als 2008. Zumindest jene, die in Peking schon dabei gewesen waren.

Simon Tischer zum Beispiel. Den hatte 2008 schon die Ankunft am Flughafen völlig aus dem Konzept gebracht. Als er in die Flughafenhalle trat, stand er plötzlich 30, 40 aufgeregten Fotografen gegenüber. Die wollten natürlich nicht ihn, die wollten den Riesen, der neben ihm schlappte. Die Volleyballer saßen im gleichen Flugzeug wie Dirk Nowitzki.

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