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Sport: Erschreckend chancenlos

Bei der Eishockey-WM in Österreich enttäuschen die Gastgeber und ernten Spott und Häme

Die Mariahilfer Straße ist eine der großen Einkaufsmeilen Wiens. Werktags geht es dort hektisch zu, und angesichts der vielen Menschen ist kaum zu erkennen, dass die Straße neben Würstchenbuden und Geschäften eine andere Attraktion zu bieten hat, wie ihr Beiname verrät: Auf der „Straße der Sieger“ sind im Asphalt Metallrahmen mit Betonquadraten eingelassen, auf denen sich prominente österreichische Sportler mit Fuß- und Handabdruck verewigt haben. Neben alpinen Skistars wie Olympiasiegerin Anita Wachter finden sich aber auch Sportler, deren Bekanntheitsgrad sich auf den ersten Blick nicht erschließt.

So verhält es sich etwa bei Christian Zmek. Der Herr ist Weltrekordhalter im Stepptanz. Österreich scheinen die Sieger auszugehen. Und es sieht nicht so aus, als sollten sich sobald neue Sporthelden verewigen. Weltmeister Werner Schlager ist bei der Tischtennis-WM in China in der zweiten Runde gegen einen 43-Jährigen ausgeschieden, und in Wien hat sich in dieser Tage ein noch größeres Debakel für Österreich abgespielt: Der Gastgeber der Eishockey-WM steht nach drei Niederlagen und 17 Gegentoren vor dem Abstieg in die B-Gruppe.

Dabei waren die Österreicher respektabel in das Turnier gestartet, hatten nur 2:4 gegen Russland verloren. Ein Sieg in Partie zwei gegen Weißrussland hätte schon die Qualifikation für die Zwischenrunde bedeutet. Doch Österreich verlor 0:5. Die Teilnahme an der Abstiegsrunde war perfekt. Und so hatte die Tageszeitung „Der Kurier“ in einer Sonderausgabe getitelt: „Die Welt ist wieder eine Scheibe“, um sich trotzdem auf die weiteren Tage und „auf die beste WM aller Zeiten“ zu freuen. Mag sein, dass das Turnier in Wien dieses Niveau hat – allerdings spielt Österreich dabei nur eine Nebenrolle. Im letzten Vorrundenspiel gab es ein 1:8 gegen die Slowakei.

Nun sind die Österreicher nie eine Großmacht im Eishockey gewesen, aber seit ihrem Aufstieg in die A-Gruppe vor sieben Jahren haben sie sich doch recht gut verkauft, bei der vergangenen Weltmeisterschaft in Prag sogar 2:2 gegen Weltmeister Kanada gespielt. Natürlich hatten sie beim Turnier im eigenen Land eine Steigerung erwartet und sind jetzt um so enttäuschter. Die Mannschaft sei „erschreckend chancenlos“, schreibt die Tageszeitung „die Presse“, und sollte es laut „Kurier“ mit dem Eishockeyspielen lieber sein lassen.

Die „Kronen-Zeitung“ hat bereits ausgerechnet, dass Österreich am Sonntag als Absteiger feststehen wird, nach der zweiten Niederlage in der Abstiegsrunde. Es glaubt keiner mehr an das Team von Bundestrainer Herbert Pöck. Der rechtfertigt sich inmitten der Wiener Tristesse verzweifelt, sagt, dass ihm acht verletzte Spieler fehlen. „Ich will, dass wir Charakter zeigen und den Abstieg vermeiden“, sagt Pöck.

Doch dann wirkt der kleine Mann mit der runden Brille doch ratlos. „Es wird hart in den nächsten Tagen“, sagt er. „Wenn man sich unsere Basis an Spielern anschaut, ist es sowieso ein Wunder, dass wir seit Jahren in der A-Gruppe spielen.“ 1996 musste Österreich letztmals die A-Gruppe verlassen. Das Turnier fand ebenfalls in Wien statt. In der Heimat fällt den Österreichern unter dem öffentlichen Druck das Siegen schwer. Und es wird mit Verlierern nicht gerade sanft umgegangen, weil man nicht so viele Sieger hat, wie sich auf der Mariahilfer Straße sehen lässt: Mehr als ein Kilometer Asphalt ist auf der „Straße der Sieger“ noch frei für Fuß- und Handabdrücke prominenter Sportler.

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