zum Hauptinhalt

Sport: Erst Scham, dann Silber

Biathlon-Frauen laufen bei der WM auf Platz zwei

Katrin Apel betrachtete die Sache nüchtern. „Da hat Uschi uns ja eine schwierige Aufgabe gestellt“, dachte sie, als sie im Biathlonstadion von Hochfilzen auf Uschi Disl wartete. Und sie musste lange warten. Zwölf der 18 Kontrahentinnen waren schon ins Ziel gekommen und hatten die zweite Läuferin beim WMStaffelrennen über 4 x 6-Kilometer ins Rennen geschickt. Als 13. jagte endlich Uschi Disl heran, die Doppelweltmeisterin. Siebenmal hatte sie danebengeschossen beim Versuch, zehn Scheiben zu treffen, und war eine Strafrunde gelaufen. Beim Abklatschen rief sie Apel „sorry“ zu und war im Ziel entsetzt über ihre eigene Leistung: „Da muss man sich ja schämen.“

Katrin Apel wusste, wie Disl sich fühlen musste: Bei den Olympischen Spielen 2002 war sie selbst Startläuferin gewesen und als Zehnte ins Ziel gekommen. Disl holte Platz um Platz auf, Deutschland gewann Gold. Gestern war es umgekehrt. Als Apel das Rennen beendete, war ihr Team Zweiter und blieb es. Apel, Disl, Andrea Henkel und Kati Wilhelm gewannen Silber mit 41,4 Sekunden Rückstand auf Russland und vor Weißrussland. „Auch mit einer fehlerfreien Leistung von Uschi Disl wäre es schwierig gewesen, Russland zu schlagen“, sagte Bundestrainer Uwe Müßiggang.

Katrin Apel hatte schon im Verfolgungsrennen bewiesen, dass sie kämpfen kann: Dort war sie als 31. an den Start gegangen und Siebte geworden. Beim Liegendschießen musste sie gestern zweimal nachladen, stehend „hatte ich Bammel und habe gehofft, dass ich sie irgendwie reinwackel“, erzählte sie. Sie blieb fehlerfrei, fand sich plötzlich auf Rang fünf wieder und überlief bis zum Ziel noch drei Kontrahentinnen. Weltmeisterin Andrea Henkel hielt Platz zwei, ehe Kati Wilhelm vorübergehend auf Rang drei zurückfiel.

Das Szenario erinnerte an die Weltmeisterschaft 2004 in Oberhof. Kati Wilhelm war damals als Schlussläuferin als Zweite ins Rennen gegangen und hatte am Ende gerade noch Bronze gesichert. Gestern zog die Weißrussin Olena Zubrilowa beim Liegendschießen an Wilhelm vorbei. Doch beim zweiten Treffen am Schießstand „habe ich gehört, dass sie drei Fehler gemacht hat“, erzählte Wilhelm. Sie war als Weltcup-Gesamtführende nach Tirol gereist, hatte aber in den Einzelrennen enttäuscht. Gestern behielt sie die Nerven und überholte mit nur einem Fehlschuss Zubrilowa wieder. Sogar ihr Schuh, der vor der Schlussabfahrt aufging, konnte sie nicht mehr bremsen. „Ich bin total glücklich, dass es zu einer Medaille gereicht hat“, sagte sie.

-

Zur Startseite