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Erwischt. Der Franzose Rémy Di Grégorio soll noch bei Astana gedopt haben.

© AFP

Erster Dopingfall: Unruhe am Ruhetag

Die 99. Tour de France hat ihren ersten Dopingskandal – Rémy Di Gregorio wurde am Dienstag festgenommen, weil er Doping-Lieferungen organisiert haben soll. Sein Team Cofidis hat den 26-jährigen Radsportler umgehend suspendiert.

Macon - „Wir haben es satt, dass ihr uns sagt: ,Wir sind sauber’ und dann gibt es wieder einen positiven Test“ – lautete die zornige Reaktion eines langjährigen Radsportfans. Der aktuelle Träger des Gelben Trikots, Bradley Wiggins, hatte zuvor Journalisten unqualifiziert abgewatscht, als diese ihm Dopingfragen stellten. Daraufhin echauffierte sich der Fan im Forum des Branchendienstes cyclingnews.com in einem offenen Brief an seine Idole. Die nächste Enttäuschung für ihn sollte nicht lange auf sich warten lassen: 24 Stunden nach Veröffentlichung des Briefes gab es zwar keinen positiven Test, dafür aber eine Dopingrazzia im Teamhotel von Cofidis.

„In den Morgenstunden haben wir auf Befehl der Staatsanwaltschaft Marseille gemeinsam mit der Einheit für öffentliche Gesundheit OCLAESP eine Operation im Hotel Mercure in Bourg-en- Bresse durchgeführt. Eine Person wurde verhaftet und nach Marseille gebracht. Gegen weitere Personen wird in Marseille ermittelt“, sagte der Leiter der lokalen Gendarmeriestation, die nur wenige Schritte von Hotel entfernt liegt, dem Tagesspiegel.

Bei dem verhafteten Fahrer handelt es sich um den Franzosen Rémy Di Grégorio. Ihm wird laut der französischen Sportzeitung „L’Équipe“ vorgeworfen, in Kontakt mit einem Dopinghändler gestanden zu haben. Die Ermittlungen laufen seit Juli des vergangenen Jahres, als der Bergspezialist noch für die kasachische Mannschaft Astana fuhr. Astana war in der Vergangenheit durch einige Skandale erschüttert worden. 2007 führte die Polizei in Pau eine Razzia in den Zimmern des Teams durch. Kapitän Alexander Winokurow, der sich der Razzia durch eine wilde Flucht über die Autobahn entziehen wollte, wurde später wegen Fremdblutdopings gesperrt. 2009 fand die Polizei leere Spritzen im Abfall eines Teamhotels von Astana. Befragungen führten zu keinem Ergebnissen. Der größte Skandal betraf Alberto Contador. Dem Spanier wurde der Toursieg 2010 aberkannt, weil in seinem Körper Spuren des Kälbermastmittel Clenbuterol gefunden wurden.

Video: 99. Tour de France: Erster Dopingfall

Di Grégorio wurde sofort suspendiert und wird nach Auskunft des Teams unverzüglich entlassen, sollte sich der Verdacht bestätigen. Am Dienstag wurde der 26-Jährige in seiner Heimatstadt Marseille verhört, wo zuvor zwei andere in die Sache verwickelten Personen festgenommen worden waren.

„Wir wissen nicht, was ihm genau vorgeworfen wird. Aber es ist eine ernste Sache“, erklärte Cofidis-Manager Yvon Sanquer. Er bescheinigte der Polizei Professionalität und Diskretion und ließ durchblicken, dass die Ermittler eine frische Lieferung von Dopingpräparaten erwartet haben könnten. Sanquer, für ein Jahr selbst Astana-Manager, stellte den Vorfall als singulär dar. „Es handelt sich um einen einzelnen Fahrer, der individuell gehandelt hat. Es ist niemand anderes vom Team davon betroffen“, sagte er. Deshalb will das Team – nach Rücksprache mit Tourveranstalter ASO – auch weiterfahren. 2007, beim Dopingfall von Cristian Moreni, war das Team komplett von der Tour abgezogen worden. „Wir wollen nicht die anderen Fahrer für das Fehlverhalten eines Einzelnen büßen lassen“, sagte Sanquer.

Gruppe gesprengt. Gedopt haben soll der Beschuldigte noch beim Astana-Team.
Gruppe gesprengt. Gedopt haben soll der Beschuldigte noch beim Astana-Team.

© AFP

Mit den Ermittlungen gegen Di Grégorio gerät der französische Radsport, der in den vergangenen Jahren als vorbildlich in Antidopingfragen galt, wieder ins Zwielicht. Zu Tourbeginn war bekannt geworden, dass die Staatsanwaltschaft Paris gegen das Team Europcar ermittelt, in dem der französische Favorit Thomas Voeckler fährt. Dem Team werden verbotene Infusionen zur Regeneration bei der Tour 2011 vorgeworfen. Diese Trendwende erklärte Sanquer mit der lapidaren Bemerkung: „Französische Radfahrer sind auch nur Menschen.“ Tom Mustroph

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