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Sport: Es bleibt in der Familie

Beim Hockey-Derby zwischen dem BHC und Blau-Weiß geht es trotz Lokalrivalität freundlich zu.

Berlin - Schon eine halbe Stunde vor Anpfiff ist auf dem Spielfeld die Hölle los. Hockeyschläger krachen ineinander, Spieler hechten nach Bällen und der Schiedsrichter schiedsrichtet. Dass bis kurz vor Beginn des Berliner Stadtderbys zwischen dem Berliner HC und Blau- Weiß Berlin auf dem Platz noch ein Jugendspiel läuft, ist bezeichnend für den Hockeysport. Alles findet im familiären Rahmen statt.

Weil der Platz belegt ist, machen sich die Gäste um Trainer Alexander Stahr zwischen dem Hockeystadion Zehlendorf und einem Nebenplatz warm, umringt von Büschen und Sträuchern. Aus der mitgebrachten Stereoanlage dröhnt Musik, das Ganze erinnert an Szenen aus dem Amateurfußball. Dass gleich zwei Berliner Teams in der Bundesliga um die Vorherrschaft im Feldhockey kämpfen, lässt sich höchstens erahnen.

Der favorisierte BHC hat in Martin Häner immerhin einen Olympiasieger im Kader, der allerdings immer noch verletzt fehlt; für den Aufsteiger Blau-Weiß stürmt mit dem Malaysier Faizal Saari einer der besten Hockeyspieler der Welt. Umso erstaunlicher, wie locker die Verantwortlichen auch vor dem Spiel miteinander umgehen. „Man kennt sich halt“, sagt Stahr. Jahrelang war er selbst als Trainer beim BHC tätig, fast alle Spieler beider Teams kommen aus Berlin und Umgebung. Überhaupt gibt es viele Verbindungen zwischen den Lokalrivalen, allein zwei Bruderduelle stehen an. Martin Häners Bruder Johannes spielt für Blau-Weiß, auch die Marx-Brüder sind auf beide Mannschaften verteilt.

So familiär es auf dem Papier auch zugehen mag, mit Spielbeginn ändert sich das Bild. Es wird langsam dunkel, das Flutlicht taucht das Spielfeld in schummriges Licht. Trotz Regen drängen sich auf einmal knapp 700 Zuschauer unter dem Tribünendach, und von Anfang an stellen beide Mannschaften klar, dass hier niemand etwas zu verschenken hat. In der Tabelle trennt beide Teams nur ein Punkt, Aufsteiger Blau-Weiß steht vor dem Spieltag überraschenderweise etwas besser da als der BHC. Und auch auf dem Spielfeld sind die Gäste von Beginn an torgefährlicher als der Favorit aus Zehlendorf.

Als Saari zur Führung für Blau-Weiß einschiebt, wirken die BHC-Spieler ratlos. Ohne ihren Anführer Häner fällt ihnen nicht viel ein, „20 Prozent schlechter“ sei die Mannschaft ohne den Olympiasieger, schätzt Stahr. Mitte der zweiten Halbzeit erhöht Saari nach herrlichem Solo auf 2:0, für den BHC reicht es trotz einer Strafecke in letzter Minute nur noch zum Anschlusstor durch Jonas Gomoll. Als Nationalspieler Martin Zwicker in der hektischen Schlussphase einen Balljungen lautstark dazu auffordert, den Ball möglichst schnell wieder ins Spiel zu bringen, hört man aus der Menge eine entrüstete Frau rufen: „Das kann man doch auch netter sagen!“

Die Partie ist zwar umkämpft, aber nach Abpfiff dauert es keine zwei Minuten, bis die Beteiligten wieder so locker sind wie kurz vor Spielbeginn. So erklärt Europameister Zwicker gerne, wie man am schnellsten die nächste U-Bahn-Station findet. „Bei uns läuft vieles über Emotionen“, sagt Alexander Stahr. „Wir können nicht viel zahlen, dafür bieten wir Freundschaften.“ Dass Freundschaften alleine nicht reichen, dürfte erklären, warum Johannes Häner für das Spiel passen muss. Bundesliga hin, Lokalderby her, Häner ist auf einem Seminar, das geht nun mal vor. Was im Fußball undenkbar wäre, ist im Hockey Normalität. Genauso wie das Aufwärmen im Gebüsch. Max Dinkelaker

Max Dinkelaker

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